„Wir sind zu fünft und das ist nur ein Richter“

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(rk/bb/axt) Auf der diesjährigen Mitgliederversammlung des FC Schalke 04 gab es einen eigenartigen Auftritt des Ehrenrats-Mitglieds Prof. Klaus Bernsmann. Der Ehrenrat, das vereinsinterne Schiedsgericht des FC Schalke 04, hatte zuvor die nächste Niederlage vor Gericht einstecken müssen. Schon wieder hatte das Landgericht Essen die unrechtmäßige Suspendierung eines Mitglieds des Aufsichtsrats durch den Ehrenrat einkassiert.

Wir erinnern uns an die letztjährige Schalker Mitgliederversammlung: Bereits im Vorfeld hatte es kontrovers geführte Debatten um Aufsichtsratsvorsitzenden Clemens Tönnies gegeben. Im Aufsichtsratsgremium hatte Dr. Andreas Horn dem Vorsitzenden Tönnies ein Gespräch angeboten, nachdem dieser dazu aufgefordert hatte, ihm eine „goldene Brücke“ zu bauen und ihm damit einen geordneten Rückzug zu ermöglichen. Tönnies wertete dies als Affront, auf der Mitgliederversammlung schlug er Horns Hand aus und er ließ in der Folge ein Ehrenratsverfahren gegen Andreas Horn einleiten.

Der Ehrenrat ermittelte sodann gegen Dr. Horn und suspendierte ihn Ende Februar für zwölf Monate. Dr. Horn klagte gegen seine Suspendierung und am 8. Mai fand dazu die Gerichtsverhandlung am Landgericht Essen statt. Aufgedeckt wurden dabei verschiedene Verfahrensfehler des Schalker Ehrenrats.

Die Verhandlung

Zunächst wurde Dr. Horn vom Ehrenrat vorgeworfen, Absprachen mit dem Wahlausschuss getroffen zu haben. Dieser Vorwurf konnte bereits im Sommer 2016 vollständig entkräftet werden.

Nach weiteren neun Monaten hat der Ehrenrat den Suspendierungsbeschluss an Dr. Horn übergeben, der Vorwurf hieß nun allerdings „Täuschung“ oder „versuchte Täuschung“ des Herrn Tönnies. Die Änderung des ursprünglichen Vorwurfs ist Dr. Horn indes nie mitgeteilt worden.

Damit hatte der Ehrenrat ein Urteil gesprochen, ohne dass man Dr. Horn ordnungsgemäß rechtliches Gehör gewährte. In anderen Worten: Der Ehrenrat verletzte die Grundregeln eines fairen Verfahrens, befand das Gericht.

Auch ein vereinsschädigendes, rechtswidriges oder satzungswidriges Verhalten vermochte der Richter nicht zu erkennen. Insoweit sei der Ehrenrat über das hinausgegangen, was ihm die Satzung gestatte.

Es liege ersichtlich auch kein grob unsportliches Verhalten vor. Die Vorwürfe hätten nicht das Geringste mit „Sportlichkeit“ zu tun, so die Ausführungen.

Weiter erklärte der Richter, dass die ausgesprochene Sanktion unangemessen gewesen sei. Die Suspendierung für zwölf Monate komme einer Amtsenthebung gleich, weil sie fast die gesamte restliche Amtsdauer des Klägers umfasse.

Das Urteil

Nach dieser sehr eindeutigen rechtlichen Bewertung fragte der Richter, ob man die Angelegenheit nicht einvernehmlich regeln könne. Seinem Gütevorschlag, den angefochtenen Beschluss mit Wirkung des gleichen Tages für erledigt zu klären, stimmte Dr. Horn zu.

Eine Einigung kam gleichwohl nicht zustande, weil der Rechtsanwalt des Vereins hierauf nicht vorbereitet worden war und in einer Unterbrechungspause nach seiner Auskunft telefonisch keine entscheidungsbefugte Person des Vereins erreichen konnte.

Daraufhin verkündete der Richter das Urteil, das dem Antrag des Klägers in vollem Umfang stattgibt: Der Beschluss des Ehrenrats wird bis zum rechtskräftigen Abschluss eines möglichen Hauptsacheverfahrens ausgesetzt. Die Kosten des Verfahrens trägt der FC Schalke 04.

Nach der Suspendierung des Aufsichtsratsmitglieds Axel Hefer war dies nun bereits die zweite Suspendierung eines auf der Jahreshauptversammlung gewählten Mitglieds des Schalker Aufsichtsrats durch den Ehrenrat, die vom Landgericht Essen mit recht deutlichen Worten wieder aufgehoben wurde. Beide Male wurde dem Schalker Ehrenrat von gerichtlicher Stelle bescheinigt, seine Kompetenzen überschritten zu haben. Diesmal kam noch der Vorwurf eines unfairen Verfahrens hinzu. Allerdings erhielt dieses Urteil bisher keine Rechtskraft; ob eine höhere Instanz dieser Einschätzung folgt, ist naturgemäß offen.

Der Auftritt

Auf der Mitgliederversammlung wurde dieses Verfahren gleich mehrfach angesprochen, von zwei Mitgliedern in der Aussprache und auch von Dr. Horn selbst. Prof. Bernsmann ging dann auch als Vertreter des Ehrenrats an das Mikrophon und vertrat die Position, dass dieses Urteil nur von einem Richter am Landgericht gesprochen wurde, im Ehrenrat seien sie aber zu fünft.

Diese Aussage zeugt schon von einer gewissen Arroganz. Mal abgesehen davon, dass zu diesem Zeitpunkt noch kein einziger Richter im Gremium vertreten war, kommt es bei der deutschen Justiz nicht auf die Menge an, sondern auf das kodifizierte Recht. Mit Götz Bock rückte auch erst mit der darauffolgenden Wahl ein Richter in den Ehrenrat als Nachfolger für Volker Stuckmann.

Auf in die nächste Runde

Damit ging es weiter zum Oberlandesgericht ­ doch das hatte gefragt, ob ein Verfahren überhaupt erforderlich sei. Schließlich sei das Urteil des Landgerichts aus dem Mai Anfang August wieder aufgehoben worden, und zwar vom Landgericht selbst.

Der Grund war ein formaler: Es genügt nicht, nur eine einstweilige Verfügung in der Hand zu haben, man muss auch erklären, dass man diese vollstreckt wissen möchte. Dazu hätten Horn oder seine Kanzlei dies per Gerichtsvollzieher dem Verein mitteilen müssen.

Da nach dem Urteil Dr. Andreas Horn wieder an den Aufsichtsratssitzungen teilnehmen durfte, sah er dazu keine Veranlassung. Ein formaler Fehler, der sich nun rächte: Am 14. August erließ das Landgericht ein neues Urteil, mit dem es das vom Mai aufhob, weil eben die Willenserklärung fehlte. Dies ohne die Klageparteien; das Urteil wurde aber mündlich zugestellt.

Die Verhandlung am Oberlandesgericht fiel just in die Zeit, in der noch Rechtsmittel möglich sind, weswegen das Berufungsverfahren zu diesem Zeitpunkt obsolet gewesen wäre. Es hat dennoch stattgefunden, damit die Parteien Gelegenheit finden, sich doch noch zu einigen.

Auch ein juristischer „Handschlag“ scheiterte

Der Senatsrichter forderte beide Parteien dazu auf, doch eine Lösung vorzuschlagen. Der Anwalt des Vereins setzte dafür folgende Bedingungen. Dr. Horn müsse sich bei Clemens Tönnies für die Täuschung entschuldigen. Zudem solle er erklären, dass der Ehrenrat formal richtig gehandelt und seine Grenzen nicht überschritten habe. Dem schlossen sich Peter Peters und Pfarrer Dohm an, der zudem erklärte, er könne keinen Vorschlag zu einer Einigung machen, da er alleine zugegen sei, ein solcher Vorschlag aber vom ganzen Ehrenrat gebilligt werden müsse.

Das genügte Horn nicht: Für eine Täuschung könne er sich nicht entschuldigen, da er Tönnies nicht getäuscht habe. Vielleicht habe es ein Missverständnis gegeben. Aber er brauche einen Vorschlag mit einer definierten Frist, wie lange eine Kompromiss­Suspendierung anhalten solle, beispielsweise bis zum Vortag der kommenden Sitzung des Aufsichtsrats. Der Täuschungsvorwurf war ohnehin bereits vor dem Landgericht Essen entkräftet worden.

Nach der Verhandlungspause zitierte Dohm dann eine Mail, laut der der Ehrenrat nach erneuter Beratung zustimmen könne. Die Frist blieb weiter offen.

Das blieb Horn zu vage. Damit stehen beide Parteien bei Redaktionsschluss der Ausgabe Nummer 91 dort, wo sie im Mai standen: Alle Urteile aus August und Mai sind aufgehoben. Fortsetzung folgt.

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