Der DFB fackelte nicht lange

Ein Moment der Stille. Ein Moment der Trauer. Die Ultras Gelsenkirchen gedenken ihres verstorbenen Bruders. Jeder hat Verständnis. Jeder im gesamten Stadionrund, selbst der gegnerische Fanblock, selbst der weit überwiegende Teil der Medien. Nur der DFB nicht.

Ein Trauerzeremoniell, wichtig für die, die bleiben. Jede Kultur hat im Lauf der Geschichte ihre Art gefunden, dass Angehörige Abschied nehmen können. Einig sind sich Psychologen: Das ist wichtig, damit die Trauer ihren Ausdruck finden kann. Zugleich wird so das Unfassbare für die Hinterbliebenen im Wortsinne begreifbar.  Auch die (Sub-)Kultur der Ultras hat ihren Weg gefunden, auf ihre Weise Abschied zu nehmen. Vielen wird es geholfen haben. Alle haben erkannt, worum es ging: um Gefühle, um Freundschaft, um Trauer – nicht aber um Aggressionen oder darum, etwas Verbotenes zu tun. Alle, nur der DFB nicht.

Und es war so weit geklärt. Polizei, Feuerwehr und der Verein FC Schalke 04 wussten, was passieren würde: Eine einzelne Bengalische Fackel brannte beim Heimspiel gegen Mainz. So gedachten die Ultras Gelsenkirchen eines ihrer verstorbenen Mitglieder, umrahmt von schwarzen Bannern und einem komplett schwarzen Fanblock.

„Liebe Fans, in diesem einen, ganz besonderen Fall haben wir den Einsatz einer Leuchtfackel toleriert“, teilte Schalke auf dem Videowürfel mit. „Es gilt jedoch unverändert: Pyrotechnik ist in unserer Arena nicht gestattet. Bitte haltet euch daran.“

Der DFB, wohl nicht eingeweiht, hat indes Ermittlungen aufgenommen und Schalke zu einer Stellungnahme aufgefordert. Danach werde entschieden, ob eine und wenn, welche Strafe ausgesprochen wird.

Gewöhnlich gut unterrichtete Kreise äußern die Vermutung, der DFB habe ein anderes Problem: Es ist nichts passiert. Die angeblich so gefährliche Bengalische Fackel hat niemanden gefährdet oder gar verletzt, ein Feuerwehrmann und geeignete Löschutensilien standen bereit und die Flamme erlosch kontrolliert. Ein Beispiel sei das, dass es eben doch gehe, fürchtet nach Meinung von Experten wohl der Deutsche Fußballbund. Und ein Präzedenzfall sei geschaffen.

Doch um einen Präzedenzfall ist es den Ultras Gelsenkirchen sicher nicht gegangen. Es wäre auch zynisch, ihnen zu unterstellen, sie nutzten den jähen Tod eines der ihren, um eine alte Diskussion im Wortsinne neu zu entfachen.

Dabei hat der DFB doch gerade erst signalisiert: „Wir wollen ein Zeichen setzen, um gemeinsam in den Dialog einzutreten“, sagte DFB-Präsident Reinhard Grindel im August 2017 angesichts der Proteste diverser Ultragruppierungen (SCHALKE UNSER 91). Die UGE waren nicht darunter. „Der DFB meint es mit dem Angebot zum Dialog ernst“, so Grindel damals.

Wohlbemerkt, es sind Ermittlungen. Bis heute hat der DFB nach unserem Kenntnisstand noch nicht befunden, wie er mit dem „Vorfall“ umgehen wird. Jetzt kann er beweisen, ob er Verständnis für die Ultra-Kultur hat oder nicht. Noch besser wäre es gewesen, er hätte gleich im stillen Kämmerlein beschlossen, einmal nicht ganz so genau hinzusehen.

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