Was zuvor geschah

(rk) Nachdem wir in unserer letzten Ausgabe über die Aufstockung der Bundesliga wegen Schalke berichteten, wollen wir heute und in den nächsten Nummern Licht ins Dunkel des Skandals bringen, der den deutschen Fußballsport in seinen Grundfesten erschütterte: der große Bundesliga-Bestechungsskandal in den 70er Jahren, an dem Schalke bekanntlich nicht unmaßgeblich beteiligt war.

Cover SCHALKE UNSER 23
SCHALKE UNSER 23

Nachdem der Abstieg in der Saison 1965/66 noch mit Ach und Krach vermieden worden war, wollten die Schalker diesmal nicht mehr zittern. Dem Namen nach starke Spieler wurden verpflichtet wie Mittelstürmer Willi Kraus, Rechtsaußen Blechinger und der Jugoslawe Zarco Nikolic. Nikolic war vom Essener Spielervermittler Raymund Schwab als zigfacher jugoslawischer Nationalspieler den Schalkern angeboten worden. Präsident Fritz Szepan griff zu, die Ablösesumme wurde bezahlt – und dann stellte sich heraus, daß es sich um den falschen Nikolic handelte. Einen Nationalspieler dieses Namens gab es zwar auch, doch war Zarco wohl nur ein entfernter Verwandter oder Namensvetter. Der wahre Nationalspieler spielte seinerzeit in Holland. Jedenfalls durfte sich Schwab fortan nicht mehr in der Glückauf-Kampfbahn sehen lassen.

Zarco Nikolic, über dessen Alter man nie richtig informiert wurde, lieferte auch eine der kürzesten Partien eines Schalker Spielers. Als er beim Spiel in Köln eingesetzt wurde, war er ganze drei Minuten auf dem Platz, dann sah er nach einem Foulspiel die rote Karte. Ins Tor kam mit dem gerade 18 Jahre alten Norbert Nigbur einer, der bald die Nachfolge von Josef Elting antreten sollte. Sein Vater, so behauptete Nigbur später, hätte den Vertrag bei Schalke auch unterschrieben, wenn der Sohn überhaupt kein Geld bekommen hätte.

Eng wurde es auch in diesem Jahr. Zu Beginn der Rückrunde gab es mit dem 0:11 gegen Mönchengladbach die höchste Niederlage in der Geschichte des FC Schalke 04. Eine Woche später gelang zumindest mit einem 4:2-Sieg im Pokal gegen Gladbach die Revanche. Und wieder fand das entscheidende Spiel um den Klassenerhalt am drittletzten Spieltag statt. Mit einem 2:1-Sieg gegen Fortuna Düsseldorf rettete sich Schalke, die Fortuna mußte absteigen. Trotz der erwähnten Verstärkungen waren die Leistungen äußerst unbefriedigend. Mit 37:63 besaß Schalke das schlechteste Torverhältnis aller Vereine. Rund um den Schalker Markt hatte man sich mehr erwartet, also mußte Trainer Fritz Langner seinen Hut nehmen. Auch im folgenden Jahr 1967/68 wurde es nicht besser. Mit Karl-Heinz Marotzke kam ein neuer Trainer – niemand weiß heute mehr genau, was für diesen unerfahrenen Mann sprach. Und so startete man miserabel in die Saison. Erst am zehnten Spieltag gab es den ersten Sieg.

Die Forelle

Fritz Szepan, der dem Fußballgeschäft nicht mehr gewachsen schien, trat von seinem Präsidentenamt zurück. Seit September 1967 hieß der neue Präsident Günter „Oskar“ Siebert. Der ehemalige Mittelstürmer der Meisterelf von 1958, den man wegen seiner Schlüpfrigkeit nur die „Forelle“ nannte, übernahm am 27.9.1967 das lecke Vereinsschiff mit 1:13 Punkten. Und unter welchen Umständen! Nachdem er eine eigene Vorstandsmannschaft aufgebaut hatte, sprangen noch am Tage der Jahreshauptversammlung etliche Männer aus Wirtschaft und Finanzen ab. Sie hatten angesichts der desolaten sportlichen Situation kalte Füße bekommen. Noch wenige Stunden vor der Versammlung hing Siebert am Telefon und bekniete etliche Männer, sich doch für das Vorstandsamt zur Verfügung zu stellen. Pünktlich zum Anstoß brachte er noch eine Mannschaft auf die Beine: Kurt Hatlauf, Heinz Aldenhoven, Willy Rohmann, Fritz Neuhoff, Heinrich Orzewalla und Gustl Osieck. Günter Siebert, zum erfolgreichen Getränkehändler aufgestiegen, hatte vor allem Ellenbogen und brachte ein Schlagwort mit in das Hans-Sachs-Haus, über das alle Welt staunte: „Schalke muß wieder Deutscher Meister werden!“ Bis dahin hatte man nur auf das Jahr gewartet, in dem Schalke endgültig ausgezittert haben würde.

Von nun an ging’s bergauf. Günter Brocker, der Außenläufer der Meistermannschaft von 1958, übernahm als alter Kollege von Günter Siebert das Traineramt. Das Gespann Siebert/Brocker setzte zu einer tollen Erfolgsserie mit 27:15 Punkten an. Wenn auch nur als Tabellenfünfzehnter wurde der Klassenerhalt am Ende sicher geschafft. Den starken Worten auf der Jahreshauptversammlung ließ Siebert Taten folgen. Er versuchte durch gezielte Neueinkäufe eine schlagkräftige Truppe in die Saison 1968/69 zu schicken. Stan Libuda wurde vom BVB zurückgeholt, Heinz van Haaren vom MSV Duisburg losgeeist und der österreichische Nationalspieler Franz Hasil verpflichtet. Hinzu kamen Herbert Lütkebohmert (aus Marl-Hüls), Michael Galbierz, Gerd Kasperski und Bernd Michel. Insgesamt wurden 600.000 Mark Ablösesummen auf den Tisch geblättert – so viel hatte Schalke bis dahin noch nie investiert. Von einem gewissen Waldemar Slomiany, der noch eine wichtige Rolle im Skandal spielen wird, trennte man sich nach einigen Spieltagen wieder.

Mit großen Erwartungen sah die Schalker Vereinsfamilie der neuen Saison entgegen, zumal die Mannschaft 25 Vorbereitungsspiele zum Teil gegen international erstklassige Gegner unbesiegt überstanden und unter anderem den Alpenpokal gewonnen hatte. Doch wieder das alte Spiel: Den Vorschußlorbeeren folgte die Ernüchterung. Schalke wieder am Tabellenende, und wieder mußte der Trainer den Hut nehmen. Im Bundesligaskandal spielte Brocker als Trainer von Rot­Weiß Oberhausen noch einmal eine unrühmliche Rolle.

„Riegel-Rudi“ kommt

Mit Rudi Gutendorf kam ein Mann von ganz anderem Format. Der Paradiesvogel unter den deutschen Fußballehrern war gerade frisch aus Amerika eingetroffen. Norbert Nigbur wird folgendermaßen zitiert: „Mit dem Mann kam Farbe in den Verein. Schon damals hatte Gutendorf viel von der Welt gesehen, war im Ausland erfolgreich, hatte ein gewisses Flair. Das tat Schalke gut. Es ging nicht mehr um die Frage, ob und wie wir den 16. Platz packen, sondern darum, wie wir ins obere Tabellendrittel kommen.“ Schalke belegte am Ende der Saison 1968/69 einen Mittelfeldplatz – erstmals in der Bundesliga mit einem positiven Punktekonto (35:33). Die Meisterschaftsspiele wurden aber bei weitem überstrahlt vom Erfolg im DFB-Pokal.

Zum ersten Mal seit 1958 stand Schalke wieder im Rampenlicht des Fußballs, als die Mannschaft das Pokalfinale gegen Bayern München erreichte. Zwar unterlag man durch zwei Tore von Gerd Müller mit 1:2 (Schalkes Tor schoß Pohlschmidt), doch war die Niederlage nicht tragisch. Da sich Bayern München als Deutscher Meister für den Europapokal der Landesmeister qualifizierte, war für Schalke der Weg frei, als deutscher Vertreter in den europäischen Wettbewerb der Pokalsieger einzuziehen. Nach Siegen über den irischen Vertreter Shamrock Rovers und IFK Norrköping aus Schweden bezwang man im Viertelfinale den Spitzenclub Dynamo Zagreb. Der 3:1-Sieg der Schalker in Zagreb galt als große Sensation. Im Halbfinale aber überstand man Manchester City nicht, dennoch hatten sich die Schalker eindrucksvoll auf der europäischen Bühne zurückgemeldet.

Kommissar Rex

Neben Pokal und Meisterschaft gab es noch einige bemerkenswerte Ereignisse in dieser Saison. Einmalig im deutschen Fußball ist wohl die Geschichte, die sich im Stadion „Rote Erde“ am 6. August 1969 abspielte. Wildgewordene Schäferhunde, die an der Leine ihrer Ordner eigentlich die Fans aus beiden Lagern in Schach halten sollten, machten in der 47. Minute Jagd auf Schalker Spieler und bissen Friedel Rausch und Gerd Neuser ins Hinterteil und den Oberschenkel. Rausch spielte mit zusammengebissenen Zähnen weiter, während sich bei Neuser in der Halbzeit Lähmungserscheinungen bemerkbar machten. Er mußte ausgewechselt werden. Die Schalker spielten unter Protest weiter, am Ende hieß es 1:1. Im Rückspiel in der Glückauf-Kampfbahn revanchierten sich die Schalker auf ihre Art: Sie engagierten anstelle von Schäferhunden zahme Löwen aus dem Löwenpark des Grafen von Westerholt, die an Halsbänden ihrer Pfleger den „Ordnungsdienst“ versahen. In großem Bogen marschierten die Borussen um die Raubtiere auf den Platz.

Jungbrunnen Schalke

Siebert setzte die Verjüngungskur fort. Jürgen Sobieray aus der Schalker Jugend hatte bereits bei Weisweiler in Gladbach unterschrieben, wurde aber von Günter Siebert überredet zu bleiben. Rolf Rüssmann, ebenfalls Jugendnationalspieler, kam aus Schwelm. Im April 1970 hatte Siebert die Forderung aufgestellt, „Wir brauchen einen Mittelstürmer und Torjäger“, und erstmals den Namen Klaus Fischer ins Gespräch gebracht. Der damals 20 Jahre alte Vollblutstürmer, der zwei Jahre zuvor als „Rohdiamant“ vom SC Zwiesel nach München kam, war trotz seiner 19 Treffer mit 1860 abgestiegen. Die ’60er wollten allerdings ihren Torjäger auf keinen Fall abgeben. Der Schalker Vorstand schaltete jedoch schnell, schließlich war die halbe Bundesliga hinter Fischer her. Günter Siebert und Heinz Aldenhoven fuhren ins verschneite Zwiesel und sprachen mit Fischer und seinen Eltern.

Während der Verhandlung schellte auch der Geschäftsführer von 1860 an der Tür. Siebert und Aldenhoven kletterten durch das Fenster und sprangen in den meterhohen Schnee hinter dem Haus, warteten so lange, bis der Münchener fort war, und verhandelten dann weiter. Mit dem Ergebnis, daß sie am 1. Mai einen rechtsgültigen Lizenzspielervertrag mit dem Mittelstürmer präsentierten. München 1860 stimmte aber Fischer wieder um, der Scheck mit dem Handgeld landete wieder in Gelsenkirchen. Die Schalker fuhren erneut in den Bayerischen Wald. So ging es hin und her, ein Verfahren vor dem DFB drohte, bis die ’60er einsahen, daß Schalke 04 am längeren Hebel saß.

Schalke baute in der Spielzeit 1970/71 auf viele große Namen, darunter Nigbur, Burdenski, Fichtel, Rausch, Rüssmann, Sobieray, van Haaren, Scheer, Lütkebohmert, Libuda, Pirkner und Fischer. Trotzdem begann sie mit einem Knatsch, der vielerorts erwartet worden war: Günter Siebert war des öfteren schon mit Trainer Gutendorf aneinandergeraten. Im September 1970 war Schalke das ewige Theater mit Rudi Gutendorf endgültig leid. „Das Maß ist voll“, stellte Präsident Siebert mit ernster Miene fest. Schalke und Gutendorf trennten sich in „gütlichem Einvernehmen“, wie es meist nach Trainerabschüssen so schön heißt. Der Jugoslawe Slobodan Cendic, bisher Assistent und Jugendtrainer, wurde Gutendorfs Nachfolger.

Auf der Trainerbank neben ihm saß übrigens etliche Wochen lang „Mr. Schalke“ persönlich: Ernst Kuzorra! Er gab, solange der Jugoslawe noch nicht alle nötigen Lizenzen besaß, seinen Namen für die Trainerliste des DFB her. Das Schalker Idol feierte im übrigen am 16. Oktober 1970 seinen 65. Geburtstag und gleichzeitig seine 50jährige Vereinszugehörigkeit. Für ihn gab der Club im Hotel „Zum Schlachthof“ einen großen Empfang, bei dem alle Lizenzspieler anwesend waren.

Von Wolke 7 auf Sohle 8

Zunächst schienen sich Sieberts Träume zu erfüllen. Gleich im ersten Spiel unter Cendic gab es einen 2:1-Erfolg über den BVB. Schon am elften Spieltag standen die Schalker auf dem zweiten Platz. Äußerst positiv war nach Abschluß der ersten Serie auch die Bilanz in Sachen Nationalelf. Der Talentschuppen von Schalke 04 machte es möglich, daß gleich fünf Schalker in der Nachwuchsmannschaft des DFB auftauchten (Nigbur, Sobieray, Scheer, Lütkebohmert und Rüssmann), Fichtel und Libuda spielten bereits einige Jahre in der Nationalelf. Nigbur hätte diesen Sprung sicherlich auch geschafft, und er wäre möglicherweise zu einem wirklichen Konkurrenten für Sepp Maier herangereift, wenn er nicht ein zu loses Mundwerk an den Tag gelegt hätte. Als er im Aufgebot für das Junioren-Länderspiel gegen England in Leicester auftauchte und nicht im Kader der Nationalmannschaft, drehte er durch. In einem „Bild“-Interview schimpfte er wie ein Rohrspatz und erteilte Helmut Schön eine Abfuhr. Der lud ihn prompt wieder aus und vergaß ihm diese Entgleisung nie.

Schalkes Zukunft sah rosig aus. Auf der Jahreshauptversammlung konnte Schatzmeister Heinz Aldenhoven eine äußerst positive Bilanz vorlegen. Schalke überschritt bei den Einnahmen die Drei-Millionen-Grenze. Doch sportlich war zum Ende der Saison 70/71 nicht mehr viel drin. Der Anschluß an die Spitze ging immer mehr verloren. Siebert verlor erneut die Geduld und kündigte Cendic, der aber vorerst weiterhin die Mannschaft betreute, was der sportlichen Situation nicht gut tat. Es wurde nur noch lustlos trainiert und lustlos gespielt. Für die Schalker gab es in dieser Saison nichts mehr zu gewinnen und nichts mehr zu verlieren. Deswegen kam es auf eine Niederlage mehr oder weniger nicht mehr an. Eine der sechs Niederlagen der Schalker in den letzten acht Spielen aber – die gegen Arminia Bielefeld – sollte ein grausames Nachspiel haben. Doch dazu später mehr.

Lüge und Wahrheit

28 Jahre ist es nun her, daß der Bundesliga-Skandal Deutschlands Kickerwelt in die schlimmste Krise seit Ligagedenken trieb. Siege, Niederlagen, Tore und Gegentore: Der naive Glaube an rein sportliche Realitäten war der Skepsis vor gebündelten Scheinen, gekauften Spielen und Spielern gewichen. Dennoch wurde die Bestechungsaffäre – nach der ersten großen Aufregung – der Öffentlichkeit nur in stereotypen Formeln bekannt. Fakten und Hintergründe blieben auf der Strecke. Noch heute ist der vermeintliche Irrtum, Schalke 04 sei Drahtzieher im Bundesliga-Skandal gewesen – in diesem Zusammenhang wird an erster Stelle immer Schalke genannt – weit verbreitet. Doch tatsächlich war fast die ganze Liga – Kickers Offenbach, 1. FC Köln, Hertha BSC Berlin, Arminia Bielefeld, VfB Stuttgart, Eintracht Frankfurt, MSV Duisburg, Bayern München, RW Essen, 1860 München, RW Oberhausen, Eintracht Braunschweig und Werder Bremen – in den Skandal verstrickt.

Der Geruch von Fäulnis

Die Bundesligasaison 1970/71 blieb bis zum letzten Spieltag spannend. Schalke war jenseits von Gut und Böse, aber an der Spitze lieferten sich seit Monaten schon Borussia Mönchengladbach und Bayern München einen packenden Zweikampf. Bis vor wenigen Wochen durfte sich auch Hertha BSC Berlin Hoffnungen auf die Meisterschale machen, ehe eine Niederlagenserie die keimenden Siegesträume zunichte machte und man sich mit einem gesicherten dritten Platz begnügen mußte. Aber nicht nur an der Spitze machte der Kampf um die Punkte Schlagzeilen. Auch in den unteren Tabellenregionen waren die Nerven bis zum Zerreißen gespannt, denn gleich mehrere Mannschaften mußten um jeden Punkt zittern, um nicht auf dem vorletzten Platz zu landen, der zum Abstieg in die Regionalliga (die 2. Liga gab es noch nicht) verdammte. So mußten Kickers Offenbach, Arminia Bielefeld, RW Oberhausen, Eintracht Frankfurt und der BVB jeden Samstag bangen und wechselten ständig die Tabellenplätze. Einige dieser Mannschaften schwangen sich in der Saisonschlußphase zu großen Taten auf und schlugen übermächtig erscheinende Gegner. Rot­Weiß Oberhausen verlor keines seiner letzten vier Spiele und machte 7:1 Punkte, Eintracht Frankfurt gewann drei Spiele in Folge, Arminia Bielefeld holte vier „goldene“ Punkte in den letzten beiden Begegnungen. So mancher Toto­Tipper zweifelte an seinem Verstand ob dieser Ergebnisse, aber der Überlebenskampf der Abstiegskandidaten schien unerhörte Kräfte freizusetzen. Doch nicht alle Fußballfreunde gaben sich mit diesen „Überraschungen“ zufrieden.

In Offenbach hegte der Südfrüchtehändler („Bananenkönig“) Horst Gregorius Canellas schon lange Zeit Verdacht. Als Präsident der Offenbacher Kickers gehörte er auch zu den direkt Betroffenen. „Wir punkten und kommen doch nicht aus dem Keller“, mußte er immer wieder verwundert feststellen. Bis zwei Spieltage vor Schluß waren die Kickers fünf Spieltage in Folge ungeschlagen, machten 8:2 Punkte und waren immer noch in akuter Abstiegsgefahr.

Am Anfang war die Party

Ein Grillfest an einem heißen Juninachmittag, es war der 6.6.1971, im Offenbacher Vorort Hausen, Rosenstraße 19: Horst Gregor Canellas feiert seinen 50. Geburtstag. Einen Tag zuvor war sein Verein nach einer unglücklichen 2:4-Auswärtsniederlage gegen den 1. FC Köln am letzten Spieltag aus der Bundesliga abgestiegen. Eigentlich sollte man annehmen, daß Canellas an diesem Sonntag nicht zum Feiern zumute war. Doch der temperamentvolle Präsident hielt einige Trumpfkarten in der Hand, die ihn im berechtigten Glauben ließen, daß seine Kickers im nächsten Jahr nicht zum bitteren Marsch in die Regionalliga Süd antreten müssen. Canellas‘ Frau Maria, von ihrem Mann liebevoll „Hasi“ genannt, hatte ein üppiges Büffet angerichtet, es wurden Zigaretten, Champagner und Bier gereicht. Attika und Lord Extra, wo man hinsah, lange Koteletten und kurze Miniröcke, dazu James Last und Max Greger. Vor den Toren des eleganten Bungalows parkten lange Reihen von BMW, RO 80 und Mercedes 250 SE. Zu den geladenen Gästen zählten neben Freunden und Geschäftspartnern auch eine große Zahl von Medienvertretern, Bundestrainer Helmut Schön und DFB-Ligasekretär Wilfried Straub. Das öffentliche Auftritte liebende Geburtstagskind nahm mit einem Lächeln auf den Lippen Platz inmitten seiner Gästeschar. Er hatte auf Tonband aufgezeichnete Beweise, daß es zum Ende der Saison 70/71 zu Schiebungen und korrupten Abmachungen unter Bundesligavereinen gekommen war, deren Opfer gegen Ende die Offenbacher Kickers waren. Tonmeister Hinz baute auf einem Gartentisch das Gerät mit dem ominösen Tonband auf. Als dann der Gastgeber die Haubitze hervorholte und die Bänder abspielte, verschluckten sich viele am Bier oder Champagner. Ans Büffet wagte sich niemand mehr heran. Helmut Schön, der eigentlich nur gekommen war, um Canellas sein Beileid für den unglücklichen Abstieg auszusprechen, kauerte ängstlich wie ein Kaninchen vor der Schlange am Rande des Gartens. Der deutsche Fußball hatte soeben seine Unschuld verloren.

Was war auf Cannellas Tonbändern? Welche Spiele wurden verschoben? Wer waren die Drahtzieher? Was passierte bei dem Spiel Schalke 04 – Arminia Bielefeld? Dieses und vieles mehr im nächsten SCHALKE UNSER.