Polizei und Minister verzichten auf Beweise

„Das Zeigen des Banners führte zu einer massiv aufgeheizten Stimmung bei den griechischen Gästen.” Schreibt das Innenministerium NRW an schwatzgelb.de. Und setzt damit das Prinzip „Wahrheitsbeweis durch ständiges Wiederholen” fort.

Was bislang niemand vorgelegt hat: Bilder, die diese Behauptung belegen. Bilder, die es in einem total videoüberwachten Stadion geben müsste. Bilder, die es bei den Liveübertragungen von Sky und ZDF gegeben hat. Die zeigen auch tatsächlich PAOK-Fans: beim Torjubel. Von Randale ist nichts zu sehen.

Wenn Polizei und Innenministerium weiter bei der Überzeugung – besser: der Schutzbehauptung – bleiben wollen, ein Platzsturm habe unmittelbar bevor gestanden, müssen sie endlich Beweise vorlegen! Da nutzt es auch nichts, sich hinter “ermittlungstaktischen Erwägungen” verstecken zu wollen: Sicher findet sich auch ein Videoausschnitt, der keiner Ermittlungstaktik im Wege stünde. Diesen Beweis bleiben Polizei und Innenministerium schuldig.

Meine Damen und Herren, nur zur Erinnerung: Tatsachenbehauptungen bedürfen in der Justiz eines Beweises! Somit können wir nur noch hoffen, dass der Landtag und sein Innenausschuss diese Videodokumente zu sehen bekommen – es wird auch sicherlich ein Fußballfan im Gremium sein, der zwischen “Jubel” und “Platzsturm” unterscheiden kann. Hier die Empfehlung an die Landtagsmitglieder: Lassen Sie sich diese Behauptung belegen!

Es ist ohnehin ein Unding, was sich Innenminister Ralf Jäger hier leistet. Dass Einsatzleiter Klaus Sitzer, nachdem er der von ihm zu verantwortenden Katastrophe gewahr wurde, erst zu der Schutzbehauptung “Volksverhetzung” und dann, als diese absolut unhaltbar wurde, zum “möglichen Platzsturm” griff, sei ihm gegönnt: Er muss sich verteidigen können. Dass aber alle Vorgesetzten – Polizeipräsident Rüdiger von Schoenfeldt wie Innenminister Jäger – diese Schutzbehauptung ungeprüft übernehmen, ist ein Skandal. So blockiert man die Aufklärung der Wahrheit. Es sind schon Politiker für weniger zum Rücktritt genötigt worden. Mal gucken, wie lange die eigenen Genossen da noch mitspielen wollen.

Dass der Platzsturm über einen drei Meter hohe Plexiglaszaun und in einen zwei Meter tiefen Graben hinab hätte erfolgen müssen, ist fast schon müßig zu erwähnen. Oder dass von einem “Zweckveranlasser” schon gar nicht die Rede sein kann. Die Lektüre des Offenen Briefes der Arbeitsgemeinschaft Fananwälte lohnt sich – gerade für ein Innenministerium, dem man eigentlich Kenntnis der Rechtslage unterstellen sollte. Ein Lehrstück in Sachen “Jura-Nachhilfe” – lesenswert!

Und da Polizei und Innenminister gebetsmühlenartig wiederholen, dass das Eingreifen gerechtfertigt gewesen sein muss, sei hier erneut daran erinnert: Erst war es eine Volksverhetzung, jetzt ist das angebliche Ausrasten der PAOK-Fans Grund und überhaupt hat ja auch angeblich der Verein versagt. Nur: Die Polizei hat zu keiner Minute in Erwägung gezogen, die Ordner die Fahne einholen zu lassen. Sie hat sich gleich aufgebaut, Schlagstöcke und das biologische Kampfmittel Pfefferspray gezückt. Wenn hier dem Verein “Versagen” vorgeworfen wird, entbehrt das jeder Grundlage und zeigt, dass hier nur noch versucht wird, die Schuld einem anderen zuzuschieben. Fehlerkultur? Ein Fremdwort.

Übrigens: Der Anfrage von schwatzgelb.de ging ein inhaltlicher Austausch mit Fan-Initiative und SCHALKE UNSER voraus.