„Der Verein bestimmt alles“

(bob) Peter Peters ist Geschäftsführer des FC Schalke 04 und damit nach Rudi Assauer einer der einflussreichsten Männer auf Schalke. SCHALKE UNSER sprach mit ihm über Millionenanleihen, Netze vor den Stehrängen und den FC Bayern München in der italienischen Liga.

Cover SCHALKE UNSER 38
SCHALKE UNSER 38

SCHALKE UNSER:
Peter, du arbeitest bei Schalke eher im Hintergrund, man weiß, dass du vorher als Journalist bei der Westfälischen Rundschau und Revier-Sport gearbeitet hast und schon beim 1. FC Kaiserslautern tätig warst. Über den Menschen Peter Peters ist allerdings nicht viel bekannt.

PETER PETERS:
Das ist auch gut so. Es gibt natürlich auch den Privatmann Peter Peters, auch wenn Schalke 04 und der Fußball meine Zeit so ausfüllen, dass sich Privates und Geschäftliches oft vermischen. Wenn ich mal wirklich freie Zeit habe, surfe ich gern durchs Internet. Ich liebe Musik, kann sogar ein bisschen Klavier und Gitarre spielen, ich singe dazu auch, und bisher ist noch niemand dabei weggelaufen. Gerade wenn es mal im Fußball nicht so läuft und es stressig wird, dann kann ich am Klavier gut entspannen. Aber viel Zeit für’s Private bleibt nicht.

SCHALKE UNSER:
In unserer letzten Ausgabe hatten wir einen Artikel über die Millionenanleihe des FC Schalke 04, der dem Verein gar nicht gefiel. Das SCHALKE UNSER veröffentlicht Meinungen, die auch im Gegensatz zu der offiziellen Vereinspresse stehen.

PETER PETERS:
Grundsätzlich finden wir Kritik gut. Kritik öffnet Augen und Ohren und regt zum Nachdenken an. Wir stellen uns auch nicht hin und behaupten, alles richtig zu machen. Wir regen uns nur dann auf, wenn Dinge falsch dargestellt werden, und wir auf dieser Basis kritisiert werden. Da ist etwa davon die Rede, dass die Gelder der Anleihe dazu benutzt werden sollen, ein Hotel und Parkhäuser in Eigenregie zu bauen. Das ist falsch.

SCHALKE UNSER:
Auch jetzt tobt wieder die Gerüchteküche über den 100 Millionen-Deal. Wir Fans fragen uns natürlich auch, was das für Konsequenzen hat. Welcher Verein verpfändet schon auf 25 Jahre seine Eintrittsgelder?

PETER PETERS:
Für mich wird da zuviel Angst verbreitet. Wenn sich jemand ein Haus baut, dann hat er in der Regel das Geld dazu auch nicht. Er leiht es sich und bindet sich auf zwanzig Jahre an eine Bank. Wir haben die Arena „Auf Schalke“ gebaut und eine Infrastruktur mit Geld errichtet, das wir zum Zeitpunkt der Investition nicht hatten. Wir hatten es nicht, waren aber trotzdem der Überzeugung, dass wir diese Investitionen machen sollten, da wir damit die Einnahmesituation des Vereins so nachhaltig verbessern, dass wir Zins und Tilgung für die Kredite aufbringen können. Der Verein hat damit nicht seine Zukunft verkauft, sondern seine Zukunft erbaut.

SCHALKE UNSER:
Jetzt haben wir eine Situation, dass auch die Fernsehgelder, die jahrelang sprudelten, reduziert werden. Wie schätzt du diese Entwicklung ein?

PETER PETERS:
Es kann nicht immer nur bergauf gehen. Die Spirale hat sich solange nach oben bewegt, bis die Grenzen des gesunden Menschenverstands überschritten worden sind. Nun erfolgt eine gewisse Korrektur, die vielleicht etwas heftiger ausfällt, als wir es eingeschätzt hatten, aber das bedeutet auch, dass nicht das Extrem, sondern der gesunde Mittelweg die Zukunft bestimmen wird. Der Fußball wird in Deutschland immer seine Bedeutung haben. Er fasziniert die Menschen, und die sind wiederum auch bereit, viel Geld dafür auszugeben. Von daher wird der Fußball auch im Fernsehmarkt wieder seine Bedeutung erlangen, die er zu Zeiten von Leo Kirch hatte.

SCHALKE UNSER:
Wie schätzt du den Vertrag ein, den die Bayern mit Leo Kirch abgeschlossen hatten, und um den es nun so viel Wirbel gibt?

PETER PETERS:
Ich kenne die Inhalte des Vertrages im Detail nicht und kann daher auch nichts dazu sagen. Ich kann aber auch die Ansicht nachvollziehen, dass hiermit die Regeln des Fair-Play verletzt worden sind und dass hier vielleicht eine Zustimmung zu Lasten der Liga erkauft worden ist. Das wäre zumindest moralisch angreifbar und enttäuschend.

SCHALKE UNSER:
Der Uli Hoeneß ist ein „Fuchs“, das wissen wir alle.

PETER PETERS:
„Fuchs“ ist auch in Ordnung, es gibt Geschäfte, da würden wir auch sagen „Hut ab, auf die Idee wären wir nicht gekommen“. Aber ich weiß nicht, ob dieser Vertrag ein „Fuchs-Vertrag“ war.

SCHALKE UNSER:
Wie siehst du die Pläne der Bayern, die Bundesliga zu verlassen und in der Seria A zu spielen?

PETER PETERS:
Das sind die üblichen Drohgebärden, das sind Ellenbogenstöße, die man eigentlich nicht machen sollte. Natürlich gehören die Bayern in die Bundesliga. Sie sind das Salz in der Suppe, jeder will sie sehen, viele sicher auch verlieren sehen.

SCHALKE UNSER:
Die Arena „Auf Schalke“ ist mittlerweile auch bei anderen Veranstaltungen voll ausgelastet. Nun kommen Stars wie Robbie Williams und Herbert Grönemeyer auf Schalke. Das ist auch eine neue Herausforderung für die Stadt Gelsenkirchen.

PETER PETERS:
Mit Gelsenkirchen haben wir sicher nicht den geeignetsten Standort in Deutschland. Alle Funktionäre und Superstars steigen lieber in teuren Hotels in Düsseldorf und Hamburg ab, in den Gelsenkirchener Hotels will kaum jemand residieren. Wir haben da einen echten Standortnachteil und müssen uns damit begnügen, dass die Leute zu unserer Arena kommen und dann die Stadt schnell wieder verlassen. Bei der Entwicklung, die Schalke 04 vorlegt, kann die Stadt aus mehreren Gründen nicht mithalten. Es ist traurig festzustellen, dass keine weitere Entwicklung in Sicht ist.

SCHALKE UNSER:
Schalke plant nun ein eigenes Hotel im Berger Feld?

PETER PETERS:
Der FC Schalke 04 hat entschieden, im Kerngeschäft Fußball und Arena zu bleiben. Es kann nicht die Aufgabe von Schalke 04 sein, auch noch Gelder aufzutreiben, um Hotels zu bauen. Schalke 04 wird ein solches Hotel weder errichten noch betreiben. Wir würden es aber sehr begrüßen, wenn in Gelsenkirchen ein hochkarätiges Hotel gebaut würde, damit die Stars und Zuschauer, die unsere Arena besuchen, auch in Gelsenkirchen übernachten können. Es scheint aber sehr schwierig zu sein, dieses Hotel-Projekt in die Tat umzusetzen.

SCHALKE UNSER:
In London war vor kurzem eine UEFA-Konferenz zum Thema „Rassismus im Fußball“. Ein Vertreter der Schalker Fan-Initiative hat dort einen DFB-Vertreter getroffen, der sich sehr positiv über die Aktionen der Schalker Fans äußerte.

PETER PETERS:
Der Ruf von Schalke 04 hat über die Jahre hinweg enorm gewonnen. Ich bin selbst in den DFB-Ausschüssen zu den Themen Gewaltprävention und Sicherheit, dort wird die Arbeit der Schalker Fan-Initiative, des Fan-Projekts, Fanclub­Dachverbands und der ganzen anderen Schalker Institutionen als vorbildlich in Deutschland gesehen. Selbst die Bayern fragen uns: „Wie bekommt ihr diese Einheit und konstruktive Arbeit hin?“ Ich war jetzt in Manchester zur Vorbereitung des Champions League-Finales, dort wurde Schalke auch als der Verein genannt, der international am besten sein Fan-Auftreten organisiert. Der Verein hat sich immer gegen Radikalismus gewandt, aktiv daran gearbeitet und vor allem auch immer dahinter gestanden und nicht nur Alibi-Maßnahmen ergriffen.

SCHALKE UNSER:
Trotzdem gibt es auch Probleme mit manchen Fans in der Nordkurve, die Gegenstände auf das Feld werfen.

PETER PETERS:
Ich habe langsam berechtigte Sorgen, hoffe aber trotzdem, dass der Fan auch noch in fünf Jahren gerne steht. Sicherheitstechnisch haben wir in der Nordkurve immer noch enorme Probleme, da von dort aus immer wieder Gegenstände auf das Spielfeld geworfen werden. Der FC Schalke 04 setzt sich auch auf internationaler Ebene für den Erhalt und die Wiedereinführung von Stehplätzen in Fußballstadien ein, weil es die Fan-Kultur belebt und auch für die Stimmung absolut notwendig ist. Mittlerweile wird uns immer wieder entgegengehalten, dass immer nur von den Stehplätzen aus geworfen werde, bei den Sitzplätzen gäbe es keine Probleme. Das deckt sich leider auch mit unseren Erkenntnissen. Da müssen wir gemeinsam drum kämpfen, dass so etwas in Zukunft nicht mehr stattfindet, ansonsten haben wir schlechte Argumente für die Stehplätze.

SCHALKE UNSER:
In England hatte man vor geraumer Zeit alle Stehplätze abgeschafft, auch aus oben genannten Gründen. Mittlerweile gibt es dort Bestrebungen, Stehplätze wieder einzuführen. Das ist eine positive Entwicklung, man muss auch an die Jugend denken, die sich Sitzplatzkarten oft nicht leisten können.

PETER PETERS:
Das ist richtig. Unser Standpunkt ist: Wir kämpfen um die Stehplätze, wir wollen sie wieder im Europapokal einführen, wir wollen keine Netze vor den Stehrängen. Wir wollen uns aber auch nicht ständig mit Argumenten auseinandersetzen müssen, die dagegen sprechen.

SCHALKE UNSER:
Die Schalker Fan-Initiative wollte in der letzten Saison ein Riesennetz ins Stadion tragen, um den Fans zu zeigen, was es bedeuten würde, wenn sie ein solches Netz vor die Augen gesetzt bekommen. Damals hatte Rudi Assauer gesagt, es bestehe kein Handlungsbedarf. Hat sich die Situation verändert?

PETER PETERS:
Gerade bei dem Spiel Mitte März in Hamburg, als es einige zweifelhafte Schiedsrichterentscheidungen gegen uns gegeben hat, sind wieder etliche Gegenstände von den Stehplätzen geworfen worden. So etwas geschieht immer aus der Enttäuschung heraus, wenn es mal nicht gut läuft. Aber das kann es nicht sein, und wir als Verein können auch nicht immer nur mit dem Netz drohen, irgendwann muss man auch handeln. Es liegt also an den Fans selbst, wie es weitergeht.

SCHALKE UNSER:
Der FC Schalke 04 hat immer von seinen Mitgliedern gelebt. Braucht Schalke 04 heute noch seine Mitglieder?

PETER PETERS:
Die Frage ist schon falsch gestellt. Die Mitglieder sind der Verein. Die Zahl von 33.000 Mitgliedern und das enorme Wachstum zeigt doch, dass die Vereinsmitglieder eine bedeutende Rolle einnehmen. Sie sind die Basis dieses Vereins. Der Verein braucht seine Mitglieder auch, wie er alle Fans braucht, die ihn unterstützen. Ich habe mich immer nur dagegen gewehrt, als es um die Frage ging: „Wer ist der bessere Anhänger des FC Schalke 04?“. Ist es der Dauerkartenbesitzer, ist es das Vereinsmitglied, der Fan-Card-Inhaber oder der Fan, der nur zu Hause vor dem Fernseher Schalke die Daumen drückt? Ich wehre mich aber auch gegen Rechenkünstler, die nur Mitglied werden, wenn sie gewisse Vergünstigungen dafür erhalten. Die Mitgliedschaft ist ein ideeller Beitrag zur Unterstützung des Vereins. Wir wollen natürlich, dass die Mitglieder am Vereinsleben, an den Versammlungen und Spielen teilnehmen, dafür erhalten sie auch ein Vorkaufsrecht, aber bitte nicht alles gegeneinander aufrechnen.

SCHALKE UNSER:
Schalke ist mittlerweile Verein und irgendwie auch Kapitalgesellschaft. Euch wird dabei oft vorgeworfen, den Verein still entmachtet zu haben.

PETER PETERS:
Den Vorwurf hören wir oft, faktisch stimmt er einfach nicht. Wir haben den Verein in den letzten Jahren gestärkt. Wir haben nicht das gemacht, was andere Vereine gemacht haben, die still und heimlich ihre Vereine aufgelöst und durch Kapitalgesellschaften ersetzt haben, die womöglich noch fremden Anteilseignern gehören. Bei den Bayern gehört ein Anteil Adidas, irgendwelchen Banken gehört jetzt die Kommanditgesellschaft von Dortmund. Wir haben den Verein in den Mittelpunkt von allem gestellt. Der Verein beherrscht die Kapitalgesellschaften, die die Arena betreiben. Der Verein bestimmt alles.

SCHALKE UNSER:
Peter, vielen Dank für das Interview und Glückauf.