Mein Gott, Watzke!

Diesmal: Fast der ganze BxB

Es braucht keine aufwendig angeheuerten V-Männer, um auf dem rechten Auge blind zu sein. Eigentlich muss man dazu nur in der Verantwortung eines gewissen Fußballvereins am Rand des Sauerlands sein. 

Cover SCHALKE UNSER 74
SCHALKE UNSER 74

Den Vorwurf, Kevin Großkotz habe Gerald Asamoah – ggf. rassistisch – beleidigt, nutzte Nordlüdenscheids Vorstand Hans-Joachim Watzke zum Einwurf, es sei ,,auffällig, dass, wenn in irgendeiner Weise so was ist, Gerald Asamoah immer dabei ist”. Vielleicht ist Gerald streitsüchtig. Vielleicht aber – und vorausgesetzt, man ist nicht vollständig auf dem rechten Auge erblindet -, könnte es auch damit zu tun haben, welche Hautfarbe Gerald besitzt.

Erinnern wir uns: Einst nannte Roman Weidenfeller Gerald wohl ein ,,schwarzes Schwein”. Zumindest kam die DFB-Gerichtsbarkeit zu dem Schluss und sperrte den Torhüter für drei Spiele, auch wenn das angeblich nie so ganz bewiesen sein sollte.

Anders als die Lüdenscheider Legendenbildung so behauptet, hat auch Gerald das Verfahren nicht in Gang gebracht, sondern die ,,Bild”, die dazu eigens einen Lippenleser beschäftigte. In Watzkes Logik scheint Gerald selbst schuld zu sein, wenn er Opfer rassistischer Beleidigungen wird.

Nicht so viel hatte Watzke übrigens zur Studie des Bielefelder Gewaltforschers Wilhelm Heitmeyer zu sagen. Der fand nämlich in seiner Langzeitstudie ,,Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit” heraus, dass Autonome Nationalisten auch unter BxB-Fans mitmischen. Eine Stellungnahme des Vereins steht bis heute aus.

Zur Erinnerung: Die DFB-Statuten kennen einen ganzen Katalog von Strafmaßnahmen gegen Vereine, bei denen rechtes Gedankengut sichtbar wird. Der bringt natürlich nur etwas, wenn man ihn auch ernst meint. 20.000 Euro dürfen die Borussen zahlen, eine Sammelstrafe für Banner, Böller, Bengalos und Bierbecherwurf. Das Geld hätte man besser präventiv einsetzen können. Immerhin hat das börsennotierte Unternehmen jetzt ein Stadionverbot gegen die Verursacher verhängt ­ es waren die einschlägig bekannten ,,Desperados”. Man hätte es wissen können.
Wenn man gewollt hätte. In solch einem Umfeld wundert es nun nicht, dass braunes Gedankengut beim BxB fröhlich Urständ feiert. Die Spieler dürfen sagen, was sie wollen, der Vorstand haut auch noch munter drauf – da kann man sich als Rechter so richtig heimisch fühlen.

Anderes Beispiel: homophobe Plakate während des Spiels gegen Bremen, die von keinem Ordner beanstandet worden sind. Die haben sich ja bisher auch nicht mit Ruhm bekleckert: Neben einem Ordner in Lüdenscheid darf man das U-Bahn-Lied intonieren, ohne dass eingeschritten wird. Der BxB setzt andere Prioritäten (SCHALKE UNSER 69). Da hilft auch eine pressewirksame Fahrt mit Fans nach Auschwitz nicht (SCHALKE UNSER 72). Es müssen schon ernst gemeinte, nachhaltige Maßnahmen sein.

Und wo wir gerade bei Bannern sind: Angeblich sind auch nie die Urheber des Plakats in der Südkurve ,,Reichsrekordmeister” (SCHALKE UNSER 57) gefunden worden. Man könne nicht mehr klären, wer Urheber sei, hieß es damals vom BxB. Das Lüdenscheider Fanprojekt kennt anscheinend die eigenen Pappenheimer nicht. So ein Banner wird eh nie von einem Ordner beanstandet und die allgegenwärtige Kameraüberwachung im Stadion dient offensichtlich nur dazu, den ordnungsgemäßen Sitz der Krawatten auf der VIP-Loge zu überprüfen. Da muss das Lüdenscheider Fanprojekt, das bekanntlich auch gegen Rassismus einsteht, auf verlorenem Posten kämpfen, so ganz ohne Rückhalt seines Vereins.