Auf dem Weg zur Normalität

Polizeiminister Ralf Jäger will also weniger Polizei rund um Fußballspiele einsetzen – genauer formuliert, die Einsatzzahlen an die Umstände anpassen. Gut so, findet das SCHALKE UNSER.

Wir haben ja schon häufiger angemerkt, dass wir der Meinung sind, es werde zu oft mit Pfefferspray auf Spatzen geschossen. Es gibt definitiv Spiele, bei denen die Polizeipräsenz, der wir uns „erfreuen“ durften, hoffnungslos überzogen ist. So auf dem Weg nach Basel, aber nicht nur da. Von daher ist es nur vernünftig, mal wieder auf ein angemessens Preis-Bedrohungs-Verhältnis zu kommen. Natürlich werde es auch weiter Spiele geben, bei denen man sicherheitshalber auf mehr Polizei setzt, und, seien wir ehrlich, das Derby gehört sicher dazu.

Das Derby ist aber auch ein anderes gutes Beispiel dafür, wie man mit einem durchdachten Polizeieinsatz zu einem guten Ergebnis kommen kann: Wenn Beamte eingesetzt werden, die die Ruhe bewahren, passiert scheinbar auch weniger. Unabhängig davon, dass mit den Fans auch Gewalttäter reisen – das soll hier nicht verschwiegen werden. Aber: Statistiker werden jetzt endlich herausfinden können, welche der vielen Gewalttaten auf die Anwesenheit der Polizei zurückgehen und welche nicht. Alte Hasen wissen seit langem: Früher war weniger Polizei. Und es ging auch. Dass die Gesellschaft jetzt verrohe, erscheint wenig wahrscheinlich. Und wie man im Spiegel nachlesen kann, steigt die Zahl der Straftaten statistisch gekoppelt mit der Zahl der eingesetzten Polizeibeamten. Vielleicht bringt dieser Vorstoß endlich die notwendige Sachlichkeit zurück in die Debatte. Zu hoffen wäre es.

Es ist von jeher die Crux, dass die Polizei selbst bestimmt, was sie für notwendig hält – und manchmal eben doch das Augenmaß verliert. Das wünscht sich doch so mancher: Selbst bestimmen, wie viele Leute man einsetzt, und sich das noch bezahlen lassen. Man muss nunmehr nicht mehr hoffen, dass erst ein Verwaltungsgerichtsverfahren in Bremen uns das liefern wird: Bremen will sich die Einsätze ja eben bezahlen lassen. Es ist wahrscheinlich, dass die DFL nicht nur grundsätzlich dagegen vor Gericht ziehen wird, sondern bei der Gelegenheit auch überprüfen lassen wird, ob die in Rechnung gestellten Einsätze in der Höhe berechtigt sind. Polizeiminister Jäger hat lieber von sich aus die Reißleine gezogen.

Über die Motive darf man trefflich spekulieren. Vielleicht ist ihm aufgefallen, dass nach dem Saloniki-Spiel herausgekommen ist, dass mit „Fußballfans als Staatsfeind Nummer 1“ kein Blumentopf zu gewinnen ist; selbst von der CDU durfte er sich im Landtag demontieren lassen. Vermutlich sinnt er seitdem darüber nach, wie er den geordneten Rückzug antreten kann – der Bremer Vorstoß bietet da einen willkommenen Anlass. Dabei nimmt er sogar den Protest der Polizeigewerkschaftler im Kauf, die hier keine rühmliche Rolle spielen: Zum einen bejammern sie seit Jahren die vielen Überstunden, zum anderen klagen sie jetzt aber, dass weniger auch nicht geht. Und ganz nebenbei; Dem Herrn Innenminister dürfte auch langsam sein Etat aus dem Ruder laufen. Keine gute Visitenkarte für die Bewerbung als potenzieller Nachfolger von Hannelore Kraft.

Und wenn jetzt noch die vier „Probespieltage“ im Rahmen bleiben, dann ist endlich die Spirale durchbrochen. Vielleicht kann man dann als Fußballfan wieder ganz entspannt zu einem Spiel reisen und sich eben nicht wie ein Verbrecher vorkommen.