Die Diskussion um die Sonderumlage ist noch nicht verstummt, da zieht neues Ungemach von einem Nebenschauplatz zur Schalker Jahreshauptversammlung: der geplante neue Wahlmodus für den Ehrenrat.
Der soll künftig nicht mehr von der vollständig von der Mitgliederversammlung, sondern über einen “Gemeinsamen Ausschuss” gebaut werden: Die beiden Mitglieder mit Befähigung zum Richteramt sollen von ihm ernannt werden, die anderen drei Kandidaten prüft der Gemeinsame Ausschuss und schlägt sie den Mitgliedern vor. 40 Prozent weniger Mitspracherecht, möchte man auf den ersten Blick meinen. Und darum wollen einige Mitglieder das ganze Paket abgelehnt sehen.
Ganz so einfach ist es aber nicht. Derzeit gilt diese Regelung: “Kandidaten für den Ehrenrat werden vom Aufsichtsrat ohne Fristen vorgeschlagen. Der Ehrenrat soll im Block und durch Handzeichen gewählt werden.” Im Block – die Erfahrung hat gezeigt, dass bisher noch kein Vorschlag des Aufsichtsrats gescheitert ist – so weit meine Erinnerung reicht. Tatsächlich nickt die Mitgliederversammlung das ab, was der Aufsichtsrat ihr vorlegt. So richtig demokratisch ist das auch nicht, schließlich ist keiner an der Entscheidung des Aufsichtsrats beteiligt.
Nicht viel, aber immerhin etwas besser ist mit dem neuen Verfahren, dafür aber natürlich auch komplizierter: Im Gemeinsamen Ausschuss stecken je zwei Mitglieder des Wahlausschusses (direkt gewählt, mit Auswahl unter mehreren Kandidaten), des Aufsichtsrats (vorverlesen vom Wahlausschuss, der ja von der Mitgliederversammlung gewählt wurde, dann von den Mitgliedern aus diesen gewählt), des Vorstands (vom Aufsichtsrat benannt, der sich aus Aufsichtsräten zusammensetzt, die vorverlesen vom gewählten Wahlausschuss von der Mitgliederversammlung gewählt worden sind), des sonst funktionslosen Ehrenpräsidiums (dessen Mitglieder von der Mitgliederversammlung bestimmt werden – jedes Vereinsorgan kann diese vorschlagen, in der Regel kommt auch auch dieser Vorschlag vom Aufsichtsrat) und des Ehrenrats, der sich damit irgendwie auch selbst wählt.
Die langen Klammertexte sind hierbei durchaus Absicht, zeigen sie doch eines der beiden Probleme, die manch Schalke-Mitglied mit der Satzungsänderung hat: Indirektere Demokratie ist kaum noch möglich. Kein Wunder, dass das bei manchem Unbehagen auslöst. “Normale” Vereine im Sinne des Vereinsrechts haben Vorstände, die sie wählen, und die dann ihre Geschäftsführer einstellen. Wir wählen einen Aufsichtsrat, der manche, aber eben nicht alle Funktionen eines Vorstands innehat, vor allem eben nicht das operative Geschäft. Ein Mischkonstrukt. Um dessen Aufgaben zu beschreiben, ist die Satzungskommission sogar ins Aktienrecht abgeschweift, denn nur dort finden sich Beschreibungen von Pflichten und Rechten eines Aufsichtsrats. Vom klassischen Verein im Sinne des Vereinsrechts ist das weit entfernt.
Dazu kommt noch ein allgemeines Unbehagen gegenüber dem Ehrenrat von manchem, der dorthin zitiert worden ist: Als williger Erfüllungsgehilfe des Aufsichtsrats, gar als “Tribunal” ist er verstanden worden. Auch hier könnte eine direkte Wahl helfen – andererseits, wie viele Kandidaten mit Qualifikation zum Richteramt lassen sich finden, und welches Mitglied will beurteilen, wie geeignet der Kandidat ist?
Nur: Das steht dieses nicht zur Debatte. Es gab schlicht keinen anderen Antrag auf direktere Demokratie, auf einen anderen Wahlmodus zum Ehrenrat. Zur Wahl stehen nur zwei Möglichkeiten: ein effektiv ausschließlich vom Aufsichtsrat benannter Ehrenrat oder einer, bei dem diverse Vereinsgremien mit unterschiedlicher demokratischer Legitimation mitgewirkt haben.
Damit geht es um zwei Alternativen: ein insgesamt positiv zu bewertendes Antragspaket wegen eines Randthemas abzulehnen und damit auch viele Errungenschaften in Richtung Transparenz – oder die Neuregelung, die nicht nur Nachteile hat, mit einzukaufen.
Und wem das nicht passt, der kann ja auch jetzt erst mal zustimmen, den kleinen demokratischen Gewinn einfahren und für nächstes Jahr den Antrag für ein noch viel einfacheres und besseres System stellen. Auch das ist demokratisch. Und wenn dieser Vorschlag so richtig gut ist, bekommt er sicher auch eine Zweidrittelmehrheit. Das ist sicher besser, als jetzt einfach nur “nein” zu sagen und die Hände mit ausgefahrenem Stinkefinger in den Schoß zu legen.