RFID­-Technologie – Nicht mal die WM bleibt verschont

(sf) RFID-Tags werden nach den Vorstellungen des Organisationskommitees für die WM 2006 den Zugang zu den Stadien sichern. Man darf sich und andere jetzt gerne fragen, was mit Radio Frequency Identification (RFID) genau gemeint ist und getan wird – denn die Begriffsvielfalt in diesem Sektor kann sogar technisch Interessierte verwirren: Hier wird von RFID-Tags, Funketiketten, Microchips oder Smart Labels gesprochen.

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SCHALKE UNSER 44

Keine echte Überraschung, dass Industrie und Handel dem einen Kind so viele Namen gegeben haben. Denn die Verbraucherschützer haben anlässlich der RFID-Nutzung im extra Future Store in Rheinberg durch die Metro AG die Sturmglocken geläutet – und der Intiative den Big Brother Award 2003 verliehen. Seitdem spricht die Metro AG von Smart Tags.

Und was kann die Technik?

Ein RFID-Label enthält einen kleinen Speicherchip (der aktuell kleinste ist nur 0,3 Quadratmillimeter groß) und einen Transponder. Mit einem Lesegerät können diese Daten berührunglos ausgelesen und gespeichert werden. Der Trick an der Sache: die Chips brauchen keine eigene Energieversorgung. Sie reagieren auf eine bestimmte Funkfrequenz und prägen den Wellen, die sie zurück reflektieren, die gespeicherten Daten digital auf. Ein einziger Scanner kann die Daten von mehreren Hundert RFID-Chips innerhalb einer Sekunde erfassen.

Das WM-Organisationskomitee verspricht sich von der Kombination von personalisierten RFID-Labels und elektronischer Zugangstechnik, dass Eintrittskarten nur mit hohem Aufwand gefälscht werden können – und damit nur „berechtigte Personen“ ins Stadion kommen. Die Personalisierung soll zudem dafür sorgen, dass bekannte Gewalttäter keine Eintrittskarten bekommen und ein Schwarzhandel unmöglich wird.

Die Karten sollen primär via Internet vertrieben und mit Kreditkarten bezahlt werden. Zunächst bekommt der Kunde ein Zertifikat zur Bestätigung seines Ticket-Anspruches – die Karten selbst sollen erst einige Wochen vor der WM personalisiert und per Post ausgeliefert werden. Auch an den offiziellen Verkaufsstellen soll ein Kauf nicht anonym, sondern nur per Kreditkarte möglich sein.

Das ganze Verfahren könnte von den Stadienbetreibern für weitere Großveranstaltungen weiter genutzt werden – so sollen die Kosten über die WM hinaus eine sinnvolle Investition sein. Jetzt schon will das Komitee beim Postversand die Mehrausgaben kompensieren: Weil verloren gegangene Tickets einfach gesperrt und neu ausgestellt werden können, müssen sie nicht mehr per Wertbrief zugestellt werden.

Wie auch immer sich der Einsatz von RFID rechnet – zum Thema Datenschutz hat noch niemand klare Aussagen gemacht. Wie genau sieht die Personalisierung aus? Welche Daten werden in der Zusammenarbeit mit den Kreditinstituten erhoben? Welche personenbezogenen Daten werden wo und wie lange gespeichert? Und vor allem: woher kommen die Daten der „bekannten Gewalttäter“? Das Verfahren impliziert doch wohl, dass zu jeder Kreditkarte eine Anfrage gestellt werden muss ­ mal ganz unabhängig davon, dass nur Kreditkartenbesitzer überhaupt Eintrittskarten erwerben können. RFID ist zunächst eine Technik mit großem Potenzial, aber ihr Einsatz muss genau geprüft werden. Die bisher realisierten Projekte sind vielfältig und manchmal kurios. So lassen sich Disco-Besucher des Baja Beach Clubs in Barcelona freiwillig einen Funkchip unter die Haut spritzen, der als personenbezogene Eintritts- und Verzehrkarte fungiert.

Die Metro AG setzt in Deutschland auf die Optimierung von Logistikprozessen: bei den pro Tag 100 Millionen bewegten Paketen könnten die RFID-Chips zu deutlichen Kosteneinsparungen führen. Walmart will in den USA ab 2006 nur noch Lieferanten akzeptieren, die RFID-Chips nutzen. Auch im Luftverkehr und bei der Abrechnung von Mautgebühren kann diese Technik eine große Unterstützung sein.

Was uns als Verbraucher und Fußballfans betrifft, so sollten wir ein waches Auge darauf haben, welche persönlichen Daten von wem erhoben, ausgetauscht und gespeichert werden.