High Fidelity – Low Fidelity

(rk) In den letzten Wochen wurden wir geradezu von einer ganzen Flut neuer Schalke-CDs überrollt. Dabei kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, daß die meisten Produktionen einfach nur darauf abzielen, eine schnelle Mark zu machen. SCHALKE UNSER – offiziell anerkannt als Tochtergesellschaft des Rolling Stone – machte den ultimativen Schalke-CD-Test.

Cover SCHALKE UNSER 15
SCHALKE UNSER 15

Schon die Anschrift der Produktionsfirma der ersten zu besprechenden CD „Schalke, mein Schalke“ verspricht nichts gutes: 44382 Dortmund. Dieser Verdacht bestätigt sich beim Hören der ersten paar Töne dieser Platte. Ganz übles Gedudel, dumme Schema-F-Beats, nüchtern kaum zu ertragen. Billigste Techno-Cover von „Ja, mir sam mit‘m Radl da“, „My Bonnie is over the ocean“ und „Im Frühtau zu Berge“ werden krampfhaft mit Schalke-Texten versehen. Warum um alles in der Welt muß jeder, der gerade mal mit Ach und Krach einen Furz auf dem Kamm blasen kann, auch noch eine CD davon pressen lassen? Warum? Selbst nach noch so langer überlegung kommen wir nur auf eine einzige logische Antwort: Geld! Den Machern dieser CD sprechen wir jede Art von Idealismus oder guten Willen ab! Der für diese Produktion angeheuerte Fanclub Schalker Kluti’s Ennepetal muß sich wie vergewaltigt fühlen. Spart Euch die 15 Mark!

Aus gleichem schlechtem Hause erreicht uns für 14,95 Mark die CD „Schalke, Schalke“ – wie einfallsreich. Das allein ist schon ein ziemlich schlechtes Omen und oh – nein! Der Track „Unsere Elf“ von der „Schalke, mein Schalke“-CD ist hier auch mit drauf! Aber zumindest unterscheiden sich die anderen Songs auf dieser von Radio Emscher Lippe produzierten CD etwas von der ersten. So singen hier Elke Heuser & Captain Jupp „Schalke, Schalke“ nach der Captain Jack-Melodie von „Soldier, Soldier“. Was im Original schon schlecht ist, wird bei der Kopie wohl kaum besser. Wenigstens ein kleiner Schauer läuft dem Hörer bei der Original-Radioreportage von Andreas Müllers Tor beim Spiel Schalke-Bayern über den Rücken. Doch auch hier gibt’s starke Abzüge in der B-Note, die Reportagenausschnitte sind mit 45 Sekunden viel zu kurz.

Nach solch schwer verdaulicher Kost muß ich mich erst einmal setzen. Kurz durchschnaufen und die nächste CD in den Schlitz schieben. Reflexartig schnelle ich nach oben, stoße mir meinen Kopf an unserer niedrigen Decke: „Steht auf, wenn Ihr Schalker seid!“ schallt es aus den Boxen. Für ganze fünf Sekunden singe ich mit, doch dann merke ich, daß mir dieses Gedudel doch irgendwie bekannt vorkommt. Schnell setze ich mich wieder hin. Na klar, schon wieder dieser Captain Jupp und seine gottverdammte UN Promotion & Publishing Firma. Unlizensiert kommt diese CD mit dem Titel „Steh‘ auf, wenn Du ein Schalker bist“ daher und Ihr werdet es kaum für möglich halten, aber „Unsere Elf“, mittlerweile mehr als gründlich von den ersten beiden CDs bekannt, ist hier schon wieder drauf. Und Captain Jupp jodelt hier tatsächlich noch mal sein „Soldier, Schalke“. Also gerade mal ein neuer (dazu noch schlechter) Song, alles unlizensiert und kosten tut die Scheibe 11,90 Mark. Daß die sich nicht schämen!

Eigentlich müßte man ja denken, daß es viel schlimmer nicht mehr geht. Doch die Band Charisma belehrt uns mit ihrer CD „Halleluja S04″ eines Besseren. Wie tief muß man sinken, damit einem so eine Musik einfällt? Halleluja S04? Gott bewahre! Da heißt es in unserem so heiß und innig geliebten „Blau und Weiß“: „1000 Feuer in der Nacht haben uns das große Glück gebracht“ und Charisma singt doch tatsächlich „1000 Feuer sind erloschen, 1000 Blumen sind erwacht – Gelsenkirchen sagt willkommen zur Bundesgartenschau“. Blasphemie für 11,95 Mark das Stück!

Hugo Consol und seine Knappen versprechen da schon allein mit ihrem Namen mehr Bodenständigkeit. Und tatsächlich, der Song „Auf Schalke 04″ hat einen witzigen Text und eine Melodie, die ihn schnell zum Ohrwurm machen lassen. Aber warum muß man ihn in gleich vier Versionen auf eine CD für 15 Mark pressen, auf der sowieso nur fünf Lieder sind? Naja, am gelungensten ist noch die Version des Knappschaftsältesten.

Lang genug gesessen, dachten sich wohl auch Nova Tekk die Macher der nächsten CD: „Steht auf, wenn Ihr Schalker seid!“ schallt es mir erneut entgegen. Mensch, hab mich doch gerade erst hingesetzt. Egal, wieder aufstehen, man will ja kein Spielverderber sein. Diesmal ist die Musik einen Tick schneller als auf der „Steh‘ auf, wenn Du ein Schalker bist“-Scheibe. Da kann man echt durcheinander kommen. Das Hörenswerte an dieser 19,90 Mark teuren CD sind aber nicht unbedingt die Top Hit-Mixe und Radio-Edits der einzelnen Songs „Steht auf, …“ und „Eurofighter-Spitzenreiter“ (jeweils in zwei Versionen), sondern die CD-tauglich gemachten Gesänge unserer Mannschaft bei ihrem legendären Auftritt im Aktuellen Sportstudio: „Wir schlugen Roda …“, der Huub-Stevens-Song und die drei Torwand-Knaller von Ingo Anderbrügge sind nicht nur sehens- sondern auch wirklich hörenswert. Von allen Neuerscheinungen scheint uns dies noch die beste zu sein.

Neu ist auch die CD „Die UEFA-Cup-Story“, ebenfalls von Nova Tekk, aber zum Glück gibt’s diesmal keine Musik, sondern die Radioreportagen der entscheidenden Szenen aller sechs UEFA-Cup-Auftritte aufgezeichnet von Radio Emscher Lippe. Unvergessene Momente, die immer wieder eine Gänsehaut verursachen, sind hier auf einem Silberling vereint. Ein bißchen störend wirken dabei jedoch die ziemlich überflüssigen und lang geratenen Einleitungsworte zu jedem Spiel. Bei einer guten halben Stunde Laufzeit sind die 14,90 Mark trotzdem wirklich gut angelegt.

Bei der letzten Neuerscheinung – es ist nicht nur die letzte, sondern auch das letzte – wollten wir unseren CD-Player nicht noch weiter malträtieren. Das haben schon andere gemacht, so die WAZ, aus der wir hier nur allzu gerne zitieren möchten: „Schreit auf, wenn Ihr Schalker seid! Das GE-Hobby-Duo Blue-White-Panthers wird seinem Namen gerecht und reitet per CD (‚Die Eurofighter‘) sechs gefährliche Attacken auf das Wohlbefinden der Hörer. ‚Steht auf, …‘ (im Disco-Fox!) darf nicht fehlen, aber auch Songs wie ‚Schalke 04′ lassen einen fast wünschen, daß die Königsblauen niemals den Cup gewonnen hätten. Klingt wie Rex Gildo im Stimmbruch mit Franz Lambert auf LSD.“