(sw) Nach Corona-Pause fand die Mitgliederversammlung nun wieder im gewohnten Rahmen statt. Doch bis auf den Rahmen hat sich einiges geändert. Ein Kommentar mit null-vier Beobachtungen.
1. Die angereisten Mitglieder wollten das neue Schalke erleben. Genugtuung war da der smarte Auftritt des Vorstands, der seine Berichte gemeinsam statt einzeln vorstellte. Wie modern, wie gemeinschaftlich: das neue Schalke. Abgestraft wurde alles, was für das alte Schalke stand. Etwa Gerd Rehberg, der laut eigener Aussage spontan das Wort für seinen Freund Pfarrer Dohm ergriff – aber zufällig ein vorbereitetes Skript in seiner Hosentasche fand. Das fand wenig Anklang. Wer wird schon gerne für dumm verkauft?
2. Der Wahlausschuss hat seine Macht mit der diesjährigen Mitgliederversammlung gestärkt. Zur Debatte stand, dass die Satzung geändert wird. Jedes Aufsichtsratsmitglied solle automatisch wieder zur Wiederwahl zugelassen sein. Das hätte die Rechte des Wahlausschusses beschnitten. Während AR-Vorsitzender Axel Hefer die Befürwortung des Antrags empfahl, traten Maik Deinert und Stefan Schorlemmer aus dem Wahlausschuss zur Gegenrede an. Deinert ruhig, vorbereitet und analytisch. Schorlemmer emotionaler, aber sachlich. Deutlich in der Sache, aber fair gegenüber anderen Meinungen. Grad Schorlemmer, der selbst kurz darauf zur Wahl stand, ging damit ins Risiko und wurde belohnt. Der Antrag wurde daraufhin abgelehnt.
Damit hat der Wahlausschuss auf dem Papier genau so viel Macht wie zuvor. Doch mit den Auftritten hat das Gremium dennoch gewonnen: Schorlemmer und Deinert präsentieren den Wahlausschuss als Gremium, das sich seiner Macht bewusst ist, Verantwortung trägt und nicht gegen jemanden, sondern zum Wohle von Schalke entscheiden will. Per deutlichem Votum wurde das belohnt.
3. Zum ersten Mal lag die Versammlungsleitung bei Axel Hefer. Der ging anders als sein Vorgänger an die Aufgabe und versuchte sich nicht in Kumpeleien, sondern blieb beim freundlich-seriösen Umgang auf Augenhöhe. Und ausgerechnet das kam gut an. Duzend, aber nicht hemdsärmlig. Mit Humor, aber nicht um jeden Preis. Wohlkalkuliert, aber nicht emotionslos. Selbstbewusst, aber nicht nur auf sich bezogen. Tonprobleme, unklare Regieanweisungen und fragwürdige Wortmeldungen nahm Hefer gelassen und machte damit vielen Schalkern Mut, dass die kommenden Mitgliederversammlungen seriös über die Bühne gehen könnten.
4. Strafe muss sein. Dachten sich zumindest die Anwesenden, die den früheren Vorständen und Aufsichtsräten die Entlastung größtenteils verweigerten. Die tatsächliche Auswirkung dürfte überschaubar sein. Zu hoch die Hürden für eine persönliche finanzielle Haftung. Doch die Anwesenden zeigten: MV auf Schalke ist kein Feelgood-Sommerfest mit Wahlen. Das ist gut so. Ohne kritische Mitglieder wäre eine Mitgliederversammlung nämlich nur genau das: ein Sommerfest.