(tn) Fallen auf Schalke die drei Schlagworte „Bodenständigkeit“, „Vereinstreue“ und „fehlende Torgefährlichkeit“, kann die Rede nur von einem ganz besonderen Spieler sein. Heute geht es um Michael „Magic“ Prus.
Bereits zu E-Jugend-Zeiten wechselte Prus von Eintracht Rodde, einem Klub, der laut Zeitzeugen „seinen Platz mit ein paar Kühen teilen musste“, zum VfB Rheine, aus dem später einmal der heutige Oberligist FC Eintracht Rheine hervorgehen sollte. Dort spielte er bis zur A-Jugend, als dann der FC Schalke 04 anklopfte. Der damalige und heute-wieder-Manager Rudi Assauer versprach ihm die ganz große Perspektive, man wolle etwas mit jungen Spielern aufbauen und bald wieder international spielen. Nach der Vertragsunterschrift, die passend zur damaligen Zeit mit einem kleinen Skandälchen verbunden war (Prus‘ Spielerpass wurde nach der Unterzeichnung in einem Mülleimer eines Gelsenkirchener U-Bahn-Schachtes gefunden), stieg im Jahnstadion zu Rheine das Abschiedsspiel für den aus fußballerischer Sicht wohl berühmtesten Rheinenser neben Willi Reimann. Ganz Rheine war hierbei auf den Beinen und die Straßen waren über und über plakatiert mit Spielankündigungen mit dem Konterfei ihres Helden.
Doch zu Saisonbeginn 86/87 holte Michael schon bald die Realität ein: Nachdem nach internen Querelen Manager Rudi Assauer vom damaligen Präsidenten „Oskar“ Siebert entlassen wurde, fand sich auch bald die Mannschaft am Tabellenende wieder und Michael kam unter dem teamintern sehr unbeliebten Trainer Ralf Schafstall nicht zum Einsatz. Aber seine große Stunde sollte noch kommen: Ausgerechnet im Derby gegen den BVB würde „Magic“ sein Debüt feiern. Nachdem er dies am Vorabend des Spiels im Trainingslager in Billerbeck erfuhr, musste Masseur Gerard Kuipers ihm eine Schlaftablette geben, damit der 18-Jährige vor diesem so wichtigen Spiel noch seinen Schlaf fand. Am nächsten Tag erledigte Michael seine Aufgabe mit Bravour, er schaltete BVB-Regisseur Marcel Raducanu aus und hatte so maßgeblichen Anteil am 2:1-Sieg an jenem 20.9.1986.
Jedoch trat knapp zwei Jahre später der Fall ein, den viele Experten dem S04 vor jener Saison 1987/88 prognostiziert hatten: Schalke stieg zum dritten Mal aus der Bundesliga ab. In der zweiten Liga avancierte Prus endgültig zum Stammspieler, half in der ersten Zweitligasaison mit, den Abstieg ins Amateurlager zu verhindern, und war dann zwei Jahre und 100 Zweitligaeinsätze später einer der Aufstiegshelden bei der Rückkehr in die Bundesliga. Auch hier spielte er die ersten Spielzeiten meist von Anfang an, doch bald wurde er nur noch als Joker eingesetzt oder war gar nicht mehr im Kader. Doch die Fans hatten einen ihrer Helden nicht vergessen, und fertigten Plakate sowie Zaunfahnen wie „Prus muss spielen“ oder „Magic Prus“ an. Michael selbst hat nie so recht verstanden, wie er zu diesen außergewöhnlichen Beliebtheitsbekundungen kam, er schob es immer auf seine „Bodenständigkeit und Vereinstreue“.
Kurze Zeit später kam trotzdem das Aus auf Schalke: Aussortiert von Jörg Berger wechselte er zu Beginn der Saison 96/97 zum damaligen Zweitligisten SV Meppen. Nach dem Zweitliga-Abstieg Meppens 1998 ging er zum damaligen Regionalligisten Eintracht Trier. Hier wurde er sofort Stammspieler und verpasste in seiner ersten Saison beim SVE knapp den Aufstieg beim Aufstiegsrundenspiel in Offenbach. In der Spielzeit 1999/2000 überstand er mit dem Verein ein Insolvenzverfahren und blieb dem Club auch eine Saison später treu, um als Kapitän eine junge Mannschaft langsam wieder zu höheren Aufgaben zu führen. Doch die Eintracht überraschte und verpasste am Ende den Aufstieg wegen eines zu wenig geschossenen Tores. Dies sollte er später als das „schlimmste Erlebnis seiner Karriere“ angeben. Eine Saison später hatte der Verein mehr Glück, und so stieg man am 11.5.2001 nach einem 2:1 bei der TSG Hoffenheim nach 21 Jahren wieder in die zweite Liga auf.
Danach trug „Magic“ noch eine Spielzeit lang die Kapitänsbinde des SVE in der 2. Liga, bevor er seine Karriere im Sommer 2003 nach 17 langen Profijahren beendete, um als A-Jugendtrainer in den Trainerstab des SVE zu wechseln. Hier steht er mit seinem Team als Aufsteiger auf Tabellenplatz 1 der Regionalliga Südwest (Stand: 21.3.2004). Außerdem schafft er sich momentan mit einer Industriekaufmannslehre beim SVE-Trikotsponsor „Alwitra“ ein zweites Standbein.
Aber einen Makel (oder Mythos) seiner Profizeit erzählt man sich heute noch gerne im Dunstkreis seiner einstigen Clubs: Er schoss nie ein Bundesliga-Tor! Erklären konnte Prus sich dies nie, schoss er doch zu Jugendzeiten nach eigenen Aussagen immer gut fünf Tore pro Saison. Im Pokal aber war er erfolgreicher: So verhinderte Andy Müller 1988 beim Pokalspiel vor 7000 Zuschauern im Parkstadion gegen Saar 05 Saarbrücken einen Hattrick von Michael, indem er ihm beim Stand von 2:0 den Ball beim Elfmeter wegschnappte, nachdem „Magic“ bereits zweimal Torjägerqualitäten bewies. Auch beim SV Meppen traf er einmal beim 1:1 gegen die Kickers aus Stuttgart am 12.4.1997. Aber vielleicht muss dieser Mythos sein, denn auch dies ist ein Grund dafür, dass dieser Spieler rund ums Schalker Feld unvergessen sein wird.