(axt) Nein, direkt Fehler mochte die Polizei Dortmund auf ihrer Pressekonferenz nicht zugeben. Dennoch soll beim nächsten Derby vieles anders werden.
In der Nachbesprechung haben Polizei und Vertreter beider Vereine die vermeintlich ,,sichere Anreise” des Schalker Anhangs erneut analysiert. Die Polizei zog diese Formulierung nicht zurück, hat sich aber mittlerweile an den BxB mit dem ,,dringenden Wunsch” gewandt, hier etwas zu verändern. Auch die Eingangskontrollen sollen verschärft werden.
,,Der Verein hat das Hausrecht”, betonte die Polizei erneut. Eine Formulierung, die vermutlich wenig nutzt, wenn das nächste Mal die Polizei die Party in der eigenen Wohnung wegen der Lautstärke beenden möchte. Dennoch: Man habe alternative Anreisewege untersucht und selbst ,,bauliche Veränderungen” seien nicht ausgeschlossen.
Im Vorfeld hatten Schalkes Vertreter bereits deutlich gemacht, dass sie nicht mehr gewillt seien, ihrem Anhang die von der Polizei vorgeschlagene Route als ,,sicher” zu empfehlen. Details zur neuen Anreise oder gar getrennten Eingängen für Heim- und Gästefans – bis heute im Westfalenstadion nicht realisiert – mochte die Polizei nicht geben, dies sei noch im Fluss. Immerhin räumte man ein: Die Exzesse an der Flora habe man nicht hinreichend verhindern können. Auch hier werde ein anderer Anreiseweg geprüft.
Die Polizei betont, dass sie Fangruppierungen, anders als in diversen Berichten dargestellt, im Bereich ,,Kreuzviertel / Möllerstraße” nicht aufeinander zugeführt habe. ,,Das widerspricht unserer Strategie.” Die Polizei sei im Dialog mit den Justizbehörden, ob man beschleunigte Verfahren einführen könne; eine Verurteilung sei dann direkt am Stadion möglich. Man versuche, die Lage trotz knapper Personaldecke ,,besser beherrschbar zumachen”.
Es gab viel zu sehen
In ihrem Einführungsstatement auf ihrer Pressekonferenz zeigte die Polizei ein Video, teils mit im Internet schon kursierenden Videos, teils aus ihren eigenen Aufnahmen. Zu sehen gab es: den Marsch der Ultras Gelsenkirchen (ohne Vorkommnisse), die Hugos ,,nach dem Begehen von Landfriedensbrüchen” (Straftaten im Bild nicht gezeigt) und viele, viele Borussen. Borussen, die an der Flora Gegenstände auf Schalker warfen, Borussen, die einen der ihren mit Gewalt aus der drohenden Verhaftung holten, Borussen, die den Bereich unter der Südtribüne vollständig demolierten.
Die Bilanz sei eine Momentaufnahme, weil noch weitere Ermittlungen laufen – tatsächlich bittet die Polizei dringend weitere Zeugen, sich zu melden: ,,Zur Klärung einzelner Vorfälle und Anzeigen fehlen jedoch noch wichtige Zeugen. Besonders wichtig sind die Vorfälle an der ,Möllerbrücke’ und auf der Lindemannstraße, wo unbeteiligte Passanten von so genannten ,Fußballfans’ angegriffen und geschlagen wurden. Teilweise wurden Mülltonnen auf die Fahrbahnen geworfen und dadurch der Straßenverkehr behindert. Die Täter befanden sich in einer Gruppe von fast 200 Personen, die auf dem Weg zum Stadion war.”
Die Bilanz: Während des Derbys wurden 157 Schalker in Gewahrsam genommen und 21 Borussen. Stadionverbote gebe es gegen 156 Schalker, die fast alle ,,der Gruppierung der ,Hugos’” angehörten und 71 bereits polizeilich bekannt gewesen und in der ,,Datei Gewalttäter Sport” geführt seien. Stand Dezember 2012 – dies sei bewusst als Zwischenstand zu verstehen – gebe es 79 Strafanzeigen, von denen sich 45 gegen Borussen richteten und 34 gegen Schalker.
Die Diskrepanz – dass auf 157 Ingewahrsamnahmen ,,nur” 34 Strafanzeigen folgten, erklärte Andreas Wien, Leiter Polizeiinspektion 1, so: Man habe zwar eine Anzeige wegen Landfriedensbruchs, ermittele dann aber gegen mehr als 170 Verdächtige. Hauptvorwürfe sind Landfriedensbruch, aber auch versuchte gefährliche Körperverletzungen seien darunter.
Die Polizei betonte, dass Banner verboten gewesen waren, und geht davon aus, dass einige Schalker sie nur deshalb unter der Kleidung getragen hätten, um unter deren Deckung im Stadion Pyrotechnik zu zünden. Im Stadion wurden Schalker von Ordnungskräften der Borussen auf Toiletten zusammengeschlagen. Diese Täter seien ermittelt und Strafverfahren eingeleitet, so die Polizei.
Freispruch für die UGE – fast
Auf Nachfrage räumte die Polizei ein, dass es beim Marsch der Ultras Gelsenkirchen (UGE) fast keine Vorkommnisse gegeben habe – bis auf einen ,,schwarz-gelben Gefahrensucher” sei es zu keiner Konfrontation gekommen. Dieser hatte an einer Bierbude so lange gegen die vorbeimarschierenden UGE gepöbelt, bis einige die Contenance verloren hatten. Schlimmes soll nicht geschehen sein; detaillierte Schilderungen waren von keiner Seite zu erhalten.
Stein des Anstoßes – und damit Anlass für die Behauptung, die Anreise der ,,Ultras Gelsenkirchen” sei konspirativ gewesen, sei der Anreiseweg gewesen. ,,Wir haben viel Spott für die Formulierung ,konspirative Anreise’ geerntet”, schildert DerbyEinsatzleiter Keil. Wenn aber hunderte Ultras im ,,Vorgarten der Ultras Dortmund” auftauchten, erleichtere das die Arbeit der Polizei nicht. Zumal dann, wenn sie vorher gesagt hätten, sie reisten auf der ,,sicheren Anreiseroute” der Polizei an.