(axt) ,,Wer sind die? Was machen die in ,meinem’ Block?” Der Start der ,,S04-Crew” auf Schalke hätte wirklich ein besserer sein können.
,,Während sie anfangs noch zurückhaltend mehr oder weniger im Weg rum standen, treten sie von Spiel zu Spiel immer offensiver auf und mischen sich in sämtliche Fanbelange ein”, schreibt der Autor ,,Linksaußen” auf der unabhängigen Plattform „Schalker Markt“. Ihr Auftrag ist das aber nicht, wie der Verein im Gespräch mit der Schalker Fan-Initiative e.V., dem ,,Supporters Club” und den Ultras Gelsenkirchen zu Beginn der Rückrunde erläutert und mittlerweile auch auf der vereinseigenen Internetseite klargestellt hat. Ihr Einsatz entstammt dem DFL-Sicherheitspapier, das den Vereinen dringend empfiehlt, ,,seine Fans bei Auswärtsspielen durch einen vereinseigenen Ordnungsdienst zu unterstützen”.
Hinter der S04-Crew steckt ,,Shield Security”, eine Firma, die auch schon die deutsche Nationalmannschaft begleitet hat. Wie bei Sicherheitsfirmen sonst üblich, gibt das Unternehmen sich bedeckt, wer noch so alles Auftraggeber ist. Auf der Homepage finden wir jedoch Presseausschnitte: ,,Sie sind in Kampftechniken und im Schusswaffengebrauch geschult, der Einsatz von Pistolen ist vom DFB allerdings nicht gewollt und verboten.”
Der Name ,,S04-Crew” statt ,,Ordnerdienst” stammt daher, dass auf Schalke nur der Wachdienst ,,Bremen” so genannte ,,Ordner” stellen darf; dieses ist der Firma ,,Bremen” vertraglich zugesichert. Ordner sollen sie bei Auswärtsspielen aber auch nicht sein. Sie sollen Fans vor Ort beraten und vermittelnd einschreiten, wenn es zu Problemen beispielsweise mit den Ordnungskräften kommt.
,,Ein Hausrecht oder Kontrolltätigkeiten werden hingegen von der S04-Crew nicht ausgeübt”, unterstreicht der Verein. ,,Jedoch beschränkten sich die Crewmitglieder leider lediglich auf das Belehren von Fans”, so ,,Linksaußen”: ,,,Du darfst dies nicht, das nicht und jenes nicht’ – von Vermittlung von Faninteressen an die Gegenseite oder gar Hilfe keine Spur, in Situationen, wo sie hätten vermitteln können, wie zum Beispiel beim Spiel in Chelsea, als eine kleine Trommel, ein Megaphon und mehrfach ein paar Fähnchen kurzzeitig zu Tumulten führten, hielt man sich im Hintergrund, um nachher im Block wieder auf Fans wegen Nichtigkeiten einzureden. Hier durften keine Fahnen aufgehängt werden, dort sollte man sich gefälligst hinsetzen weil man sonst richtig Ärger bekommen würde, vermutlich so wie beim Chelseagastspiel 2007 oder im Vorjahr beim Lokalrivalen Arsenal.” Wo es, das darf man erwähnen, zu keinem dieser Probleme gekommen war.
Offen bleibt die Frage nach den ,,Sonderaufgaben”, die Sicherheits- und Fandirektor Volker Fürderer benannte. Hier bemängelten die Vertreter der aktiven Fanszene, dass sich dahinter alles und nichts verbergen könne. Zwei der Sonderaufgaben sind bekannt: die Kontrolle der Akkreditierungen bei einem Heimspiel – man kann es klar benennen: Kontrolle, ob der Wachdienst Bremen seine Aufgabe gut erfüllt – sowie Hilfestellung bei den Anwesenheitskontrollen beim Auswärtsspiel in Berlin. Beide Sonderaufgaben sorgten direkt für Missverständnisse, Misstrauen und Missstimmung.
In Berlin hat die S04-Crew versucht, den Fans bei der Anwesenheitskontrolle die Ausweise abzunehmen, sie zu studieren und dann erst an die Mitarbeiter des Dachverbands weiterzugeben, die sich um die Anwesenheitskontrolle gekümmert haben. ,,Angeblich zu dem Zweck, das Procedere der Kontrolle zu beschleunigen”, schreibt ,,Linksaußen”. ,,Wo aber die Beschleunigung liegen soll, wenn man sich erstmal gründlich den den Ausweis einprägt, um ihn dann doch dem SFCV-Mitarbeiter hinzulegen, der den Namen in der Liste wegstreicht, bleibt dann doch erklärungswürdig, zumal ohne eine vorherige Publikation des Vereines keinerlei Legitimation für eben jene Personen besteht, irgendetwas zu kontrollieren.”
Björn Borgmann und Jens Gebbert von der S04-Crew stellen dies anders dar: Man habe den Auftrag gehabt, die teils chaotischen Zustände zu sortieren, um nicht zu sagen, dafür zu sorgen, dass die Fans sich weniger im Knäuel als vielmehr in geordneten Schlangen anzustellen. Ausweise habe man nicht kontrolliert. Das stünde der S04-Crew ohnehin nicht zu, weil sie schon gar keine hoheitliche Aufgabe hat.
Nicht in Deckung zu bringen sind auch die verschiedenen Sichtweisen beim Auswärtsspiel beim Glubb: Während die heimischen Ordner es sich durchaus gefallen ließen, dass Schalker zwischen den verschiedenen abgetrennten Blöcken für Gästefans wechselten, griffen einzelne Mitarbeiter der S04-Crew ein und haben Fans teilweise von den Zäunen gezogen. Borgmann und Gebbert wollten dies nicht bestätigen, aber zum Anlass nehmen, ihre Mitarbeiter noch einmal deutlich darauf hinzuweisen, dass sie keine Ordner sind – und solche Aufgaben selbst dann nicht wahrnehmen sollen, wenn sie vom heimischen Ordnungsdienst darum gebeten werden. Die Teamleiter der S04-Crew unterstreichen, dass es durchaus eine Menge Fans gebe, die froh darüber sein, dass ihre Leute vermitteln. Sie verweisen darauf, dass sie beispielsweise einen allzu arg angeheiterten Fan davor bewahrt haben, von der Polizei in Gewahrsam genommen zu werden.
Autor ,,Linksaußen” berichtet weiter: ,,Mittlerweile melden sich auch vermehrt Fans und berichten davon, dass sie Crewmitglieder dabei beobachten konnten, wie sie immer wieder gezielt Einzelpersonen und Situationen im Fanblock mit ihren Smartphones abfotografiert haben. Das diese Fotos nicht der Dokumentation der tollen Atmosphäre im Fanblock dienen, sollte auch dem letzten Optimisten klar sein. Hier werden Fans anscheinend gezielt ausgespäht.” Borgmann und Gebbert betonen, dass dies niemals Absicht oder Aufgabe ihrer Mitarbeiter gewesen sei. Solche Bilder, wenn sie denn gemacht worden seien, seien wohl eher für das private Album entstanden.
Die Vertreter von Schalker Fan-Initiative, ,,Supporters Club” und Ultras Gelsenkirchen warteten beim klärenden Gespräch auch mit einem durchaus konstruktiven Vorschlag auf: Beim kommenden Derby könnten sich die Mitarbeiter der S04-Crew gerne hinter die heimischen Ordner stellen, deren Aussetzer gegen Schalke-Fans hinlänglich bekannt und dokumentiert seien.
Ordnerfunktionen auf Schalke, betonte Volker Fürderer, soll die S04-Crew ebenfalls nicht übernehmen. Gerüchte, dass sie ab kommender Saison den Wachdienst Bremen auf Schalke ablösen, hat der Verein auf Anfrage des SCHALKE UNSER dementiert: ,,,Shield Security’ hat sich nie um die Übernahme des Wachdienstes in der Arena beworben, sich entsprechend auch gar nicht an der Ausschreibung beteiligt.” Es stehe noch nicht fest, wer nach der Ausschreibung am Ende den Zuschlag erhalten werde. ,,Shield Security” werde in Sachen Sicherheit künftig grundsätzlich beratend für Schalke 04 tätig sein.
Vermittler bei Auswärtsspielen und gleichzeitig Sicherheitsberater bei Heimspielen – der Spagat könnte für ,,Shield Security” spannend werden, wenn wieder jemand empfiehlt, Protestbanner nicht in die Arena zu lassen, weil sie ja so leicht entzündlich sein könnten wie die von der Demo gegen Polizeigewalt. Kritisch beäugt wird ihre Aufgabe sicher weiter werden. In jedem Fall hat Volker Fürderer erkannt: ,,Wir hätten viel früher kommunizieren müssen, um solche Missverständnisse zu vermeiden.”