Stolpern? Gute Sache!

(dsf) Zugegeben, der Titel klingt erst mal bekloppt in einem Fanzine. Es geht auch nicht darum, sich mal richtig auf die Fresse zu legen. Sondern darum, mit dem Blick hängen und mit den Füßen stehen zu bleiben, zu lesen und nachzudenken. Und gerne auch später noch einmal nachzulesen. So funktionieren die ,,Stolpersteine” von Gunter Demnig – eine gute Sache.

Cover SCHALKE UNSER 77
SCHALKE UNSER 77

Der Künstler erinnert mit den quadratischen Messingtafeln, die in das Pflaster eingelassen werden, an Verfolgte und Opfer des Nazi-Regimes. Er platziert sie vor ihrem letzten selbstgewählten Wohnort vor ihrer Deportation, oft vor ihrem Tod. Auf den Tafeln stehen der Name des Opfers, sein Weg durch die Hände der Nazis, sein Todesjahr und -ort (wenn das bekannt ist). Demnigs Stolpersteine sind in rund 700 Orten in Deutschland, und in mehreren europäischen Ländern (Österreich, Ungarn, Niederlande, Belgien, Tschechien, Polen, Ukraine, Italien, Norwegen und Frankreich) zu finden. Eine – manchmal sogar die letzte – Erinnerung an den Menschen. Wie Demnig sagt: ,,Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist.”

Seit 2009 werden auch in Gelsenkirchen in mehreren Aktionen Stolpersteine verlegt. Die nächste Verlegung in unserer Stadt findet im Mai 2013 statt. Neun neue Tafeln, die an neun Schicksale erinnern. Darunter an Julie Lichtmann, und das Ehepaar Sally und Henriette Meyer. Was Schalke und die Schalker Fan-Initiative damit zu tun haben? Nun, Sally Meyer, geboren am 15. Mai 1880 in Gelsenkirchen, war mit Henriette (geborene Lichtmann) verheiratet, und betrieb mit seiner Schwägerin Julie Lichtmann das Textilkaufhaus ,,Julius Rode & Co.” am Schalker Markt 9.

Nachdem die Nazis das Geschäft 1938 enteignet und ,,arisiert” hatten, kaufte die Schalker Legende Fritz Szepan es für einen sehr niedrigen Preis, und führte es mit seiner Frau als ,,Kaufhaus Szepan am Schalker Markt” weiter. Während hier ein guter Verdienst erzielt werden konnte, litten die Meyers weiter unter den Verfolgungsbehörden. Sie schafften es nicht, Deutschland zu verlassen. 1942 wurden Sally und Henriette nach Riga deportiert. Im KZ Kaiserwald wurde er ermordet, sie galt als verschollen; beide wurden 1945 für tot erklärt.

Als Andreas Jordan von der Projektgruppe Stolpersteine Gelsenkirchen (c/o Gelsenzentrum e.V.) im November 2012 auch die Schalker Fan-Initiative wegen einer Patenschaft anfragte, sagten wir sofort zu. Der Grundstock für die notwendigen 120 Euro war schnell im Fanladen gesammelt. Wir wollen die Geschichte und ihre Opfer nicht vergessen.

Wer mehr wissen möchte:

www.stolpersteine-gelsenkirchen.de