Der FC Schalke 04 hat wie jedes Jahr zur Hauptversammlung den Jahresabschluss 2012 vorgelegt, der uns nicht nur die Daten liefert. Darin wird uns auch gesagt, wie der Jahresabschluss zu deuten ist: Handlungsspielräume vergrößert!
Die Finanzverbindlichkeiten konnten ,,in den vergangenen zwölf Monaten um weitere 12 Millionen Euro auf nunmehr 173 Millionen Euro gesenkt werden”. Gleichzeitig wurde mit ,,190,8 Millionen Euro der zweithöchste Umsatz der Vereinsgeschichte” erzielt. Der Umsatzrückgang von 33,4 Millionen Euro erklärt sich nach Vereinsangaben zum Großteil durch einen bewussten Verzicht auf Transfererlöse.
Ferner gibt es noch den Hinweis, dass lediglich ,,der Verzicht auf einen Sommertransfer im deutlichen zweistelligen Millionen-Bereich” letztlich zu einem ,,negativen Ergebnis des Konzerns in Höhe von 8,9 Millionen Euro” führte. Schuld sei weiterhin vor allem das kaputte Stadiondach der Arena.
Ansonsten ist da noch ,,der erneute Rückgang der Zinsaufwendungen”, der den ,,eingeschlagenen Weg der wirtschaftlichen Konsolidierung” unterstreicht. Stellt sich die Frage, ob da wirklich alles so blau-weiß ist wie im Konzernbericht glaubhaft versichert wird. Also alles gut?
Kritikpunkt 1: Trotz Fast-Umsatzrekord ein Verlust
Das Geschäftsjahr 2012 war ein international erfolgreiches Jahr für unseren Club: Das Erreichen des Viertelfinales und damit sechs Spieltage (Hin- und Rückspiel) Euro League sowie sechs Spieltage Gruppenphase Champions League. Der Konzernumsatz lag bei rund 190 Millionen Euro und damit gab es im Vergleich zum Vorjahr (224,2 Millionen Euro) einen deutlichen Rückgang. Wobei aber anzumerken ist, dass der höhere Vorjahresumsatz größtenteils nur durch den Transfer von Torhüter Manuel Neuer zu Bayern München erzielt wurde.
Bei den einzelnen Einnahmen fällt auf, dass die Sponsoringerlöse gesteigert werden konnten. Geringer fielen die Erlöse bei den Veranstaltungen und vor allem bei den Transfers aus. Wegen der geringeren Anzahl an Veranstaltungen sank der Materialaufwand entsprechend.
Erschreckend aber, dass wir trotzdem einen Verlust gemacht haben. Unser Verein hat weniger an Einnahmen erhalten als er an Ausgaben getätigt hat. Zieht man von allen Einnahmen die gesamten Ausgaben ab, so erhält man den Gewinn oder wie in unserem Fall den Verlust von rund 8 Millionen Euro (im Vorjahr noch ein Gewinn von 4,9 Millionen Euro).
Erklärt wird dies vom Vorstand mit den nicht eingeplanten Aufwendungen in Höhe von 6,6 Millionen Euro für die Sanierung des Daches der Arena. Zwar richtig, aber auch ohne diese Maßnahme hätte es 2,5 Millionen Miese gegeben. Es verwundert, dass hierfür keine Rücklagen gebildet worden sind.
Es ist doch bekannt, dass bei einer multifunktionalen Veranstaltungshalle immer wieder Modernisierungen durchgeführt werden müssen. Was ist, wenn die Rasenschublade oder große Teile der Technik veraltet sind? Schließt dann der Verein auch wieder mit einem Verlust ab?
Kritikpunkt 2: Hohe Personalkosten
Beim Personalaufwand hat sich nicht viel verändert, zumindest nicht zum Positiven. Die Konzernausgaben für alle Mitarbeiter (mehr als 500) lagen 2012 bei 98,5 Millionen Euro. Im Vergleich zum Vorjahr sind diese um geringe 1,4 Millionen Euro gefallen. Den größten Anteil daran verschlang natürlich der Lizenzspielerbereich mit allen Profis und dem Trainerstab sowie dem Vorstand (mehrere Mio. Euro). Die Kosten hierfür belaufen sich auf rund 86,5 Millionen Euro. Noch vor wenigen Jahren lagen diese Kosten bei rund 70 Millionen Euro (2009). Mehr als die Hälfte der Umsatzerlöse werden für Personal ausgegeben: ein Spitzenwert in der Bundesliga (Durchschnitt: knapp 40 Prozent)!
Zwar sind dies teilweise noch immer die langfristigen Folgen der Magath-Herrschaft (nicht zu vergessen: Was machte damals eigentlich der Aufsichtsrat?), aber so richtig erfolgreich war der Verein hier noch nicht. Der Vorstand hofft jetzt jedenfalls, dass sich der vollständige Effekt aus der Verringerung des Kaders aufgrund von Vertragsauflösungen und Abfindungszahlungen 2013 auf die Ertragslage auswirken wird.
Es sind weniger Spieler in unserem Kader, aber der Verein zahlt wohl einen größeren Teil der Gehälter von Spielern, die nur ausgeliehen sind. Gleichzeitig zeigen die Gehaltsverhandlungen und Vertragsverlängerungen der vergangenen Monate, dass dieses Thema uns noch länger beschäftigen wird.
Kritikpunkt 3: Schuldenstand
Immer wieder gerne gebraucht im Geschäftsbericht: die Finanzverbindlichkeiten. Nach Vereins- angaben lagen diese zum Jahresende 2012 bei 173,1 Millionen Euro und wurden im Vergleich zum Vorjahr (184,8 Millionen Euro) um 11,7 Millionen Euro reduziert.
Aber die Finanzverbindlichkeiten sind nicht alle Schulden des Vereins. Hinzugezählt werden müssen auch die Rückstellungen und die Rechnungsabgrenzungsposten. Und somit kommt man auf einen Gesamtschuldenstand von gut 250 Millionen Euro!
Trotz der Höhe gibt es aber auch etwas Positives und das ist die Entwicklung. Vor einem Jahr waren die Schulden noch um rund 14 Millionen Euro höher und im Jahr 2009 sogar um fast 50 Millionen Euro. Sinkende Schulden bedeuten eine leicht zurückgehende Zinsbelastung, was ja auch nicht schlecht ist. Da hat unser Vorstand schon was geleistet!
Die negative Seite ist, dass für den Schuldenabbau massiv gespart wird und wir im gleichen Zeitraum (abschreibungsbedingt) rund 40 Millionen Euro an Vermögenswerten verloren haben. Investitionen finden fast nicht mehr statt.
Was sich der Vorstand endlich mal schenken sollte, ist dessen Prognose über das ,,schuldenfrei”. Diesmal sieht der Vorstand dies im Jahr 2022 oder 2023 erreicht. ,,Keine Schulden – kein Eigenkapital – kein Vermögen”, kann das wirklich unser Ziel sein?
Kritikpunkt 4: Negatives Eigenkapital
Tja und dann gibt es immer noch diese ,,schönen” Geschichten, wenn wieder einmal die Schuldenhöhe kritisiert wird. Sogleich verweist der Vorstand darauf, dass ja den Schulden auch ein Vermögen (Beispiel: Arena) gegenübersteht und hinzu kommen die Stillen Reserven in Form der Spieler.
Viel wichtiger als die Interpretation der Bilanzzahlen sind aber zunächst einmal die Fakten: In der Konzernbilanz unseres Vereins gibt es den erschreckenden ,,nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag” in Höhe von knapp 76 Millionen Euro.
Dieses Negativkapital ist um weitere 9 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr angestiegen. Schon per Jahresende 2010 lag dieser Wert bei knapp 72 Millionen Euro. Da das deutsche Bilanzrecht recht transparent ist, bleibt es dabei: Wir haben mehr Schulden als Vermögen. Alles andere ist Wunschdenken!
Fazit
Müssen wir uns Sorgen um den Verein machen oder gibt die Bilanz 2012 Anlass zur Freude? Die wirtschaftliche Lage ist in den letzten Jahren besser geworden, aber noch gibt es viel zu tun, vor allem auf der Ausgabenseite. Wenn die sportlich so erfolgreichen letzten Jahre (Teilnahme an der Champions League) nicht ausreichen, um eine ausgeglichene Bilanz vorzulegen und zumindest eine schwarze Null zu schreiben, stimmen die Strukturen wohl nicht.
Dr. Günter Vornholz