DFL-Geschäftsführer Christian Seifert kämpft für die Fortführung der Liga. Doch ihm gehen die Argumente aus, auch weil sich die, für die er kämpft, nicht an die selbst auferlegten Regeln halten.
Wenn es keinen Live-Sport zu übertragen gibt, schlägt die Zeit der Funktionäre – und der Lobbyisten. Christian Seifert ist ein Lobbyist. Das ist gar nicht mal böse oder despektierlich gemeint. Nein, er hat von den Klubs der 1. und 2. Liga den Auftrag bekommen, ein Konzept zu erarbeiten, das eine Fortführung des Ligabetriebs ermöglicht. Und genau das hat Seifert gemacht und dabei getan, was ein Lobbyist eben tut: Einfluss auf die Politik genommen und dabei sicher genügend informelle Kanäle genutzt.
Dabei wies das vorgelegte Hygienekonzept von Anfang an erkennbare Schwächen auf: Corona-Tests, die an anderer Stelle nach Meinung vieler besser aufgehoben wären und nur der positiv getestete Spieler sollte in die Isolation, sonst keiner.
Tief blicken ließ auch das Live-Video des Hertha-Spielers Salomon Kalou – auch in die mangelhaft durchgeführten Tests. Und dann kommen – wen wundert’s – tagein, tagaus Einschläge, die das DFL-Hygienekonzept konterkarieren: Erst werden in Köln zwei Spieler und ein Physio positiv getestet, dann heißt es kurz darauf, es gebe zehn positive Testungen in den beiden oberen Ligen (vielleicht auch mehr, wenn man die mangelhafte Testung betrachtet) und Erzgebirge Aue befinde sich in Quarantäne. Zwischendurch wird ein FC-Spieler mit seinen berechtigten Sorgen mundtot gemacht. Transparenz ist bei der DFL nicht erwünscht.
Und als sich Christian Seifert am Samstag in Frankfurt ins Auto setzt, um nach Mainz ins ZDF-Sportstudio zu fahren, erfährt er davon, dass das Dresdener Gesundheitsamt das komplette Dynamo-Team samt Trainer- und Betreuerstab für 14 Tage unter Quarantäne stellt. Christian Seifert bekam viele, sogar recht gute Fragen im Sportstudio gestellt. Eine Antwort begann er mit “Das ist eine gute Frage”. Wenn man es gut mit Seifert meint, dann merkte man ihm an, dass er es doch ziemlich leid war, Konzepte für die Klubs zu entwickeln, an denen sogar deren Existenz hängt, und die von genau den gleichen Klubs mit dem Hintern wieder eingerissen werden. Meint man es nicht ganz so freundlich mit ihm, dann saß da einer, der etwas verteidigen musste, von dem er weiß, dass es ein Kartenhaus ist und dem nur unangenehm ist, dass er keine Antworten hat.
Seifert wollte die Fortführung der Liga – neudeutsch: Restart – aufgrund der positiven Covid 19-Tests in Dresden noch nicht abschreiben. Die Dresden-Quarantäne interpretiere er nicht als Rückschlag.
Aha. Als was denn dann?
Eine “sehr gute Frage” konnte Seifert nur so parieren: Es sei “hypothetisch, darüber zu sprechen, was passiert, wenn es noch in anderen Städten passiert.” Alles nur hypothetisch? Bei einem Hygienekonzept, das nun schon mehrfach versagt hat, ist ein weiteres Scheitern nicht vielleicht sogar vorprogrammiert? Die DFL will aber unbedingt die Ligaspiele der Saison bis Ende Juni durchprügeln. Auf Kosten des letzten Rests von Reputation, den der Fußball noch in der Gesellschaft hat und – hoffentlich nicht – auf Kosten der Gesundheit der Spieler und ihrer Familien.
Ich gehe davon aus, dass die Macher der DFL und der Pay-TV-Anbieter auch einen späteren Abbruch des Spielbetriebes am grünen Tisch (evt. auch vor ordentlichen/staatlichen Gerichten) insgeheim längst eingeplant haben: Es sollen halt so viele Geisterspiele wie möglich stattfinden, damit noch so viel Geld wie möglich fließen kann (von den Pay-TV-Abonnenten zu den Sendern und von denen und den Sponsoren zu den Klubs).