Der Heilige Vater

„Wir müssen gehen, wir müssen mit ihnen gehen, durch die Hölle, durch die Hölle des Elfmeterschießens. Ein Blick nach oben. Ein Stoßgebet. Ist der Papst, die Frage muss ja noch gestellt werden, Mitglied beim FC Schalke 04? Man muss nicht dran glauben. Das ist keine Glaubensfrage. Ich kenne wohl einen Weihbischof aus Essen, der ist Mitglied beim FC Schalke. Der sollte jetzt auch mal die Daumen drücken.“ (Werner Hansch in seiner Reportage am 21. Mai 1997 aus dem Mailänder Giuseppe-Meazza-Stadion)

Cover SCHALKE UNSER 26
SCHALKE UNSER 26

Vor 13 Jahren ist es passiert. Die Königsblauen standen nach der Winterpause mit 17 Punkten im unteren Mittelfeld der Liga. Am 4. Februar 1987 wurde Günter Siebert nach einer der legendären Mitgliederversammlungen zum dritten Mal zum Präsidenten gewählt. Acht Millionen Mark Schulden drückten nicht nur die Schultern des neuen Managers Rolf Rüssmann. Dieser kam auf die Idee, dass der Verein durchaus mal wieder positiv in die Schlagzeilen kommen sollte. Und da der Papst auf seiner Deutschland-Tournee auch in Gelsenkirchen auftreten wollte, kam Rüssmann auf die Idee, Karol Woytila zum königsblauen Ehrenmitglied zu machen.

Die Mannschaft war geschockt. Das erste Heimspiel nach der Winterpause verlor man mit 1:2 gegen Bayer Leverkusen, danach gab es eine 0:2-Niederlage in Mannheim. Da der Papst am 2. Mai sein Auswärtsspiel im Parkstadion abliefern wollte, musste das an diesem Tag geplante Heimspiel gegen Nürnberg um zwei Monate vorgezogen werden. Nach dem 2:4 rückten die Abstiegsränge näher. Gott sei Dank gab es genug Atheisten in der Mannschaft, so dass man den Glauben an sich selbst wiederfand und beide März­Heimspiele gegen Homburg und Stuttgart gewann. Zusätzlich gab es noch zwei Auswärtsunentschieden in Uerdingen und bei Blau-Weiß 90 Berlin. Das Fegefeuer „2. Liga“ rückte in weite Ferne. Ende April begannen die Umbauarbeiten im Parkstadion, die Schalker verloren in Köln prompt mit 2:3.

Zwar wechselte der Papst am 2. Mai in der Umkleidekabine seine Kleidung, aber ansonsten gab es keinerlei Zusammentreffen zwischen katholischer und königsblauer Religion. Ein Schriftstück mit der Ehrenmitgliedschaft durfte Olaf Thon bei Ruhrbischof Franz Hengsbach abliefern. Und dann war der Papst schon wieder weg. Schalke ließ am nächsten Wochenende beim 0:4 beide Punkte in Hamburg.

Im Juni kam Post aus dem Vatikan: Der Heilige Vater nimmt die Ehrenmitgliedschaft an. Aber ist er immer noch Mitglied? Schwere Frage, denn als Ehrenmitglied braucht er keine Beiträge zu zahlen. Eine Dauerkarte hat er nicht. Die braucht er aber auch nicht, da er als Ehrenmitglied alle Heimspiele gratis besuchen kann. In den Geburtstagslisten, die regelmäßig im Kreisel stehen, taucht er allerdings auch nicht auf. Vielleicht kommt er ja wenigstens zur Arena-Eröffnung und weiht die geplante Kapelle ein.

Letzte Meldung:
Unbestätigten Gerüchten zufolge plant der Heilige Vater im Mai diesen Jahres einen Besuch im Westfalenstadion. Das würde prima passen, denn zum einen haben wir damals auch sofort unsere Heimspiele verloren und zum anderen spielen die Blauen ja am 13. Mai dort. Will Karol Woytila sein Missgeschick aus 1987 wettmachen? Für dieses Gerücht spricht auch, dass der Papst immer dort erscheint, wo das Elend am größten ist.