Diesmal: Sitzschalenbesetzerrechthaber
(axt) „Sitzen ist für‘n Arsch“, heißt es nicht umsonst. Und wenn zu einem internationalen Spiel in der Nordkurve jemand darauf besteht, nun unbedingt „seinen“ Sitz haben zu wollen, was schließen wir im Geiste dieser Weisheit also daraus?
Man mag es kaum glauben, aber es gibt tatsächlich immer mehr Leute – statt weniger –, die zu einem Champions-League-Spiel kommen und penetrant darauf bestehen, dieser oder jener Sitz sei der ihre, obwohl rundum noch genug Plätze frei sind. Liebe Arenatouristen: Der Platz, für den Ihr die Karte von Mami oder Papi bekommen habt, ist in der Nordkurve. Das ist da, wo die komischen Leute rumstehen, die das ganze Spiel über stehen, hüpfen, singen, mit den Armen wedeln, Fahnen schwenken und so weiter – genau das, was Ihr vom Fernsehen kennt, wenn die Kamera ins „Publikum“ schwenkt.
Das sieht hübsch aus, nicht wahr? Jetzt seid aber Ihr da mitten drin, und im Unterschied zum GEZ- und Premierenabo-bezahlten TV ist das nicht im Preis inbegriffen, sondern hat seinen Preis. Nämlich, dass es anders ist als auf Eurer Karte steht. Wir erklären Euch das mal ganz langsam. Der junge Mann, der da unten mit dem Rücken zum Spielfeld steht, ist kein Ordner. Sondern einer von den Ultras – jetzt keine hektischen Flecken im Gesicht bekommen, wir erklären Euch gleich, was das ist. Aber erst einmal: Das, was der da durch sein Megaphon brüllt, sind keine Anweisungen, wie Ihr gleich am besten zum Parkplatz kommt, nein, der will, dass Ihr mitsingt. Und nein, ein Textbuch gibt es nicht. Aber auch hier keine Panik, Ihr müsst euch nur merken, Ihr seid auf Schalke. Das Wort kommt in den Liedern recht häufig vor. Damit habt Ihr schon die halbe Miete.
So, und jetzt das mit den Ultras: Das ist eine – recht große – Gruppe junger Männer und ein paar Frauen, die sich auf die Fahnen – die bunten Dinger, die immer so rumflattern – geschrieben haben, die Gesänge in der Kurve zu koordinieren und auch anzuheizen. Nun waren die vorher aber in anderen Blöcken, von Euch aus gesehen „so da so links irgendwo“. Das klappte aber nicht so gut, also sind sie hinter das Tor – das Eckige, wo das Runde rein soll – umgezogen. Ist ja auch kein Problem, denn in der Nordkurve steht man ja, wenn man nicht gerade hüpft – siehe oben.
Ne, nochmal: Also, das, wo Ihr drin stehen tut, das ist die Nordkurve. Und die lustigen Sitze, auf deren preußisch-korrekte Nummer Ihr besteht, die sind nicht immer da. Neinnein, die montiert der Verein nur zu internationalen Spielen – Ihr seid nämlich bei einem solchen, wisst Ihr? Darum sind das alle gewohnt, da zu stehen, wo Platz ist. Beim Stehen gibt es nämlich keine Nummern. Und das machen dann alle auch, wenn da Sitzschalen sind. Sonst wären nämlich die Ultras nicht da, wo sie sind. Und dann wäre das im Fernsehen auch nicht so hübsch bunt, nicht wahr?
Das aber heißt dann, dass die Ultras ein paar Leute „vertrieben“ haben, die sonst da sitzen könnten – aber nicht würden –, wo jetzt die Ultras sind – Ihr erinnert Euch, die jungen Leute mit der Stimmung. Die haben dann eben Platz gemacht und sind ganz einfach woanders hingegangen. Da sind nämlich viele, viele Plätze frei. Und die, die dort hinwollten, sind auch einfach weiter gerückt. Und wieder und weiter und so fort.
So, und dann kommt jetzt Ihr. Das wäre aber eine ganz böse Kettenreaktion. Man stelle sich vor, Ihr ruft die Ordner und dann wird wieder zurücksortiert? Nein, das geht nicht. Da ist es schneller, man tut einfach ganz erwachsen, hat mal nicht Recht, sondern ein Sozialverhalten und sucht sich ‘nen freien Platz. Und schon ist die Welt ganz, ganz schön. Und wenn Ihr jetzt noch mitsingt, mithüpft, mittanzt und all das, dann kommt das auch gut im Fernsehen.
Und ganz nebenbei feuert Ihr die Mannschaft an. Das sind die, die Blau und Weiß tragen. Also, nicht in der Kurve, sondern auf dem Rasen. Das ist das Grüne.