.Man kann es nicht anders nennen: Den Begriff der ,,konspirativen Anreise” zu erfinden war ein medialer Coup der Polizei. Und leider gibt es immer noch genug Journalisten, die diesen Schwachsinn in das übernehmen, was ein journalistischer Beitrag hätte werden können.
Um es klar zu stellen: Es gibt keine ,,konspirative Anreise”. Das deutsche Strafrecht kennt so einen Tatbestand schlicht und ergreifend nicht. Was das deutsche Gesetz aber kennt, ist ein Bürgerrecht, das der Reisefreiheit. Jeder deutsche Staatsbürger kann sich grundsätzlich aufhalten, wo er will, und dahin reisen, wie er will.
Einschränkungen sind möglich – beispielsweise, um die Ordnung und Sicherheit zu gewährleisten. Und das hätte die Polizei auch ganz gerne, gerade bei Anreisen zum Derby. Den Fans unseres sauerländischen Nachbarns beispielsweise wurde es zum Verhängnis, dieses verfassungsmäßig garantierte Recht in Anspruch genommen zu haben. 500 ,,Gelände- und Hausverbote” hat unser Verein willfährig denen erteilt, die am Essener Hauptbahnhof die Gleise überschritten, und schlimmer noch, sich nicht an die Anreiseroute der Polizei gehalten haben.
Dass die Polizei in einer ersten Pressemitteilung tönte, sie hätte diese Fans nicht aufhalten können, weil man nichts gegen sie in der Hand habe, half ihnen nichts: Für 500 ,,Gelände- und Hausverbote” hat es gereicht, dieses ,,Nichts”. Eine ausführliche rechtliche Beurteilung dieser zweifelhaften Maßnahme findet Ihr hier. Vielleicht hatten diese Fans aber auch gute Gründe dafür, so anzureisen. Erinnern wir uns: Beim letzten Auswärtsderby wählten auch zahlreiche Schalker einen alternativen, im Jargon der Polizei, ,,konspirativen” Anreiseweg. Und sie hatten Gründe dafür.
Natürlich spielte ein gewisses ,,Katz- und Maus-Spiel” mit der Polizei eine Rolle. Aber auch die Erfahrungen der Vorjahre: Sich auf den Weg der Polizei zu bewegen, sorgte dafür, mit Bänken und Ästen beworfen zu werden, endete nach Platzwunden auch in einigen Fällen im Krankenhaus und war alles, nur nicht ,,sicher”, wie die Polizei versprochen hatte. Kein Wunder, dass so mancher die Schnauze voll davon hatte. Und ob man den neuen Ankündigungen, alles werde besser, noch Glauben schenken will, bleibt auch jedem selbst überlassen. Auch das gehört eben zu einem Rechtsstaat dazu.
Natürlich muss die Polizei so ihre Kräfte zersplittern, um alles im Blick zu behalten. Dass das schief geht, hat man auf dem Weg nach Köln gesehen: Während Fans, die sich nichts hatten zuschulden kommen lassen, sich mit Personalienfeststellungen konfrontiert sahen, trafen sich wenige hundert Meter weiter 200 Krawallmacher von der Polizei gänzlich unbehelligt zur Schlägerei. Das ist lästig und vor allem peinlich für die Polizei. Man könnte ihr auch Versagen attestieren: Die so genannten ,,szenekundigen” Beamten hatten die Falschen im ,,szenekundigen” Visier.
Was also tun? Einfach mal jede Anreise als ,,konspirativ” brandmarken und so in die Nähe von Bombenbauern rücken. Dann jammert auch niemand mehr, dass hier Bürgerrechte beschnitten werden. Klingt ja irgendwie kriminell verschwörisch. Und genügend Vertreter der Presse schreiben das ab und übersehen, was geschieht.
Pressefreiheit ist übrigens auch ein Grundrecht. Noch.