(bob) Viele von Euch kennen sicher unser Transparent aus der Nordkurve und unsere bisherigen Flugblätter. Für die neu Hinzugekommenen ein paar Erläuterungen zu unserer Fan-Initiative und zu unserer Arbeit in der Vergangenheit.
Mit Sicherheit können die paar Spalten nur unvollständig das wiedergeben, was bei uns im letzten Jahr los war. Es war die Zeit, als mein Freund noch nicht Ausländer war, und die Boulevardpresse täglich von Asylbewerbern berichtete, die monatlich 20000 DM vom Sozialamt abzocken würden. Es war die Zeit als der glücklose und teure Mic von Schalker Fans nicht wie üblich als lahmer Arsch, sondern als Kroatensau tituliert wurde. In diesem Klima der Intoleranz gegenüber ausländischen Mitbürgern und Asylbewerbern, ganz zu schweigen von den unerträglichen Attacken gegenüber schwarzen Spielern, hatten wir (damals nur ein paar Schalker) nicht mehr hinnehmen wollen, was sich da im Stadion abspielt. Fußball war und bleibt immer multikulturell.
Erstmals traten wir am 09.11.1992 bei einer Protestkundgebung anläßlich des Jahrestages, als in Deutschland die Synagogen brannten, mit dem Transparent ‚Schalker gegen Rassismus‘ auf. Eine vielbeachtete Demonstration in Bonn folgte (sogar die ARD-Tagesthemen berichteten). Erstmalig, daß sich Fußballfans in Kutte und mit Schals und Fahnen einmischten und Flagge zeigten. Danach erschienen Presse, Funk und Fernsehen: Aktuelle Stunde, WDR, diverse Radiosendungen, Kicker-Sportmagazin, WAZ, Marabo, Prinz, etc.
Beim Dachverbandstreffen stellten wir unsere Arbeit vor und erfuhren, daß viele Schalker uns spontan unterstützen wollten. Unser Dank gilt den zahlreichen Fangruppen, ohne die wir mit Sicherheit nicht soviele Flugblätter an den Fan bekommen hätten. Positiv ist aus dieser Zeit wohl auch zu vermelden, daß die ‚Asylanten, Asylanten‘-Rufe und das ‚Husch, Husch‘-Geschrei nicht mehr fester Bestandteil Schalker Liedgutes aus der Kurve sind. Bis auf ein paar Deppen, die es eh nie begreifen. Mittlerweile haben wir unsere Fan-Initiative in einen eingetragenen Verein umgewandelt und sind dem Dachverband beigetreten. Der Formalkram ist mehr geworden, die Initiative steht dafür aber auf festeren Beinen.
Letzten Sommer wurde ein weiteres Flugblatt zusammen mit den Schalker Spielern erstellt. 70000 wurden davon verteilt. Die positive Resonanz und die Diskussionen auf dem Platz und unter den Fans helfen uns weiterzumachen. Solche Aktionen kosten viel Geld, das wir durch T-Shirt- und Aufkleberverkauf sowie durch Spenden wieder hereinzubekommen versuchen. Zwischendurch immer wieder zusätzliche Aktivitäten: Fantreffen, Fußballturnier, Infostände bei Veranstaltungen unterschiedlichster Art, überregionale Fan-Treffen, mehrere Gespräche mit dem Verein Schalke 04, usw. Der Saisonausklang, bei dem wir den Münchener Bayern wieder einmal die Meisterschale aus der Hand kicken wollen, rundet diese Saison dann auch sportlich ab.
Keiner von uns hätte damals (im November 1992) damit gerechnet, daß diese Initiative in so kurzer Zeit ein fester Bestandteil der Schalker Fanszene werden würde. Einige der Leute, die anfangs mitgearbeitet haben, zogen es vor, wieder in ihre Filzpantoffeln zu schlüpfen und sich dem grünen Kasten mit den 20 Fächern zu widmen. Die Initiative lebt weiter: mit vielen alten und vielen neuen Gesichtern. Arbeit gibt es immer noch genug und wir haben noch ’ne Menge vor. Das könnt Ihr ruhig als leidenschaftliche Einladung zur Mitarbeit verstehen.