Michael Littig vor dem Panoramafenster mit Blick ins Stadion in Kaiserslautern

Niemals die Seele verramschen

(rk) Bis zu seinem Rücktritt Mitte vergangenen Jahres hatte Michael Littig den Vorsitz im Aufsichtsrat des 1. FC Kaiserslautern. SCHALKE UNSER sprach mit ihm über den Umgang mit den finanziellen Nöten und fehlenden Investoren in diesem krisengeplagten Klub.

SCHALKE UNSER:
Die finanzielle Lage beim FCK hat 2018 mit dazu geführt, dass man den Lizenzspielerbereich in eine KGaA ausgegliedert hat. Den Mitgliedern wurde bei der Abstimmung über die Ausgliederung eine Eigenkapitalerhöhung von 50-60 Millionen Euro in Aussicht gestellt. Ein Investor, der tatsächlich Anteile gekauft hat, ist allerdings bis heute nicht gefunden. Warum gestaltet sich die Suche nach Investoren so schwierig?

MICHAEL LITTIG:
Tatsächlich wurde die Ausgliederung schon vor etwa 15 Jahren angeschoben. Im vergangenen Jahrtausend hatte der FCK sehr gesund gewirtschaftet und bekanntlich als einer von wenigen Vereinen sogar ein eigenes Stadion. Unter anderem mit der Ausrichtung der WM 2006 hat man sich jedoch übernommen. Die Ausgliederung wurde tatsächlich immer dann heiß diskutiert, wenn der Verein in Not war.

Und genau das ist meines Erachtens der Knackpunkt: ein „normales“ Unternehmen beziehungsweise Unternehmer bietet dann Beteiligungen an, wenn ein angemessener Wert realisiert werden kann oder konkrete zukunftssichernde Investitionsprojekte mit absehbarer Rendite anstehen. Der FCK hat nun seine sportlichen Ziele nicht erreicht und musste sich auch mit Hilfe von übertragenen Rechten in Fremdkapitalabhängigkeiten begeben.

Ein Investor investiert gerne in Substanz und Zukunft. Altlasten sind dann nicht förderlich. Das Eigenkapitalziel in Höhe von 50-60 Millionen war vor zwei Jahren so kalkuliert, dass mit Hilfe dieser Mittel wieder Infrastruktur aufgebaut werden kann und sportlich der Aufstieg in die erste Bundesliga gelingt. Dabei sollten jedoch nur etwa 20-30 Prozent der Anteile veräußert werden und ganz wichtig: Zentrales Element sollte eine sogenannte Fansäule in der Eigenkapitalstruktur bilden. Die heute bekannte sportliche und wirtschaftliche Situation mit zu vielen Unbekannten ist dann eine ganz schlechte Basis. Dennoch ist die Gewinnung von starken Eigenkapitalgebern derzeit die entscheidende Option für einen Turnaround des 1. FCK. Eventuell kann hier sogar kurzfristig Erfolg und Vollzug gemeldet werden.

SCHALKE UNSER:
Als Großinvestoren fielen in Medienverlautbarungen immer wieder die Namen Michail Ponomarev und Flavio Becca. Welche Kriterien hat sich der FCK gesetzt, um Investoren vor ihrem Investment zu prüfen?

Cover SCHALKE UNSER 101
SCHALKE UNSER 101

MICHAEL LITTIG:
Der FCK hat ein komplexes „4-Säulen-Modell“ für die Eigenkapitalstruktur konstruiert. Herz sollte auch hier die Beteiligung von Fans- und Mitgliedern sein. Mit Hilfe sogenannter Ankerinvestoren, die leicht zweistellige Millionenbeträge einbringen können sollten, sollte das wirtschaftliche Fundament gestärkt werden, aber es sollten auch Partner sein, die etwa spontan bei Bedarf flexibel einspringen können, beispielsweise bei aufwändigen Transfers. Oder sie sollten auch die Kraft haben, das Fritz-Walter-Stadion in den Besitz des FCK zurückzuführen.

Dabei gab es nicht nur zwei Namen in der Diskussion, sondern tatsächlich dutzende. Das Ziel sollte also sein, ein gesundes Gleichgewicht zwischen richtigen Investoren, die auch gestalten wollen, zu finden, und den Fans, für die die Identität mit ihrem Verein gesichert werden muss. Das gelingt meines Erachtens nur mit einem ganz starken Management und aus einer guten Verhandlungsposition heraus – nie mit dem Rücken an der Wand!

SCHALKE UNSER:
Was würden Sie den Mitgliedern eines klassischen e.V. raten, wenn diese mit Ausgliederungsplänen seitens der Vereinsführung (Vorstand, Aufsichtsrat) konfrontiert werden?

MICHAEL LITTIG:
Persönlich tut es mir als FCK-Fan weh, meinen Verein oder Anteile daran herzugeben. Heißt: Ich habe die Ausgliederung beim FCK nur deshalb unterstützt, weil diese wirtschaftlich alternativlos war. Dennoch gibt es natürlich gute Gründe für eine Ausgliederung: Organisation, Steuerung auch durch scharfe Abgrenzung des ideellen Vereinsbereiches vom Profibereich und Stabilisierung des Managements, oder auch hoher Kapitalbedarf für wirklich notwendige Investitionen. Wenn man aus einer starken Position heraus agiert, ist es in der aktuellen Kapitalmarktsituation eventuell auch eine Chance, geschaffene Werte zu realisieren und die gewonnen Mittel gut zu investieren.

Eine wichtige Frage ist dann auch, wem Anteile angeboten werden sollen: ausschließlich Kleinanlegern als Fans und Mitgliedern oder Großanlegern, die zwangsweise individuellen Einfluss auf vieles nehmen wollen? Vereine wie Kaiserslautern oder Schalke dürfen niemals ihre Seele verramschen. Der Wert dieser Vereine liegt in der Identität mit den Menschen und nicht in Investitionsobjekten. Das muss aber kein Widerspruch sein, es erfordert aber eine wirklich starke Führung und maximales Vertrauen der Mitglieder.

SCHALKE UNSER:
Vielen Dank für das Interview und Glückauf!

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